10.12.2020
Arbeitszeit Regelungen – Was gehört zur Arbeitszeit?
Wer als Arbeitnehmer schon einmal vom Chef auf eine Dienstreise entsendet wurde, an einer angeordneten Weiterbildungsveranstaltung teilgenommen oder Bereitschaftsdienst geleistet hat, hat sich die Frage wahrscheinlich schon einmal gestellt: Was gehört zur Arbeitszeit, was nicht? Wie sieht es mit der Raucherpause oder der Rüstzeit aus? Und: Gilt der Gang zur Toilette offiziell als Arbeitszeit? Die Antworten liefert dieser Artikel.
Wie definiert sich die Arbeitszeit?
Die Arbeitszeit wird im Arbeitszeitgesetz § 2 Abs. 1 ArbZG definiert als „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.“ Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Für Beschäftigte unter 18 Jahren gelten in puncto Arbeitszeit weitere Vorgaben gem. Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).
Weiterhin ist im ArbZG § 2 Absatz 1 festgelegt, dass Arbeitnehmer nicht mehr als acht Stunden am Tag arbeiten dürfen. § 3 ArbZG sieht jedoch eine Ausnahme von dieser Regelung vor: Demnach dürfen zehn Stunden am Tag gearbeitet werden, wenn dabei die Arbeitszeit innerhalb eines Zeitraums von 24 Wochen durchschnittlich acht Stunden nicht überschreitet. Zu beachten ist dabei, dass als Berechnungsgrundlage gem. ArbZG eine Sechs-Tage-Woche gilt.
Die wöchentliche Arbeitszeit wird darüber hinaus durch den Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder durch entsprechende Tarifverträge festgelegt. Hier sind auch die Regelungen zu Vergütung und Überstunden geregelt.
Hinweis: Die Regelungen für Angestellte im öffentlichen Dienst können hiervon abweichen. In der Regel gelten hier gesonderte Arbeitszeitverordnungen. Eine weitere Ausnahme gilt außerdem für den Bergbau, bei dem die Ruhepausen zur Arbeitszeit zählen.
Sonn- und Feiertagsarbeit
Grundsätzlich sieht § 9 (1) ArbZG vor, dass Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen. Allerdings können Beginn oder Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden. Darüber hinaus gelten gem. § 10 Sonn- und Feiertagsbeschäftigung zahlreiche Ausnahmen.
Gesetzliche Pausenzeiten
In § 4 ArbZG sind die Regelungen zu den Ruhepausen definiert: Bei einer Arbeitszeit zwischen sechs und acht Stunden stehen Arbeitnehmern 30 Minuten Pause zu. Diese darf auf zwei 15-minütige Pausen aufgesplittet werden. Außerdem muss nach sechs Stunden die Arbeitszeit für eine Ruhepause unterbrochen werden. Wer länger als neun Stunden am Tag arbeitet, hat Anspruch auf eine 45-minütige Pause.
Die Raucherpause
Grundsätzlich zählen Raucherpausen nicht als Arbeitszeit. Entsprechend haben rauchende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Vergütung der Zigarettenpause – auch dann nicht, wenn während des Rauchens über die Arbeit gesprochen wird. In einigen Betrieben können dazu abweichende Regelungen gelten, nach denen das Rauchen während der Arbeitszeit geduldet wird.
Was zählt als Arbeitszeit?
Der Arbeitsweg
Der Arbeitsweg stellt den direkten Weg von der Haustür des Arbeitnehmers bis zur Arbeitsstelle dar. Die Zeit, die benötigt wird, um den Arbeitsweg zurückzulegen, sprich die Wegezeit, zählt dabei nicht als Arbeitszeit.
Hat ein Arbeitnehmer jedoch keinen festen Arbeitsplatz an einem Firmenstandort, sondern fährt von seinem Wohnort direkt zum ersten Kunden und vom letzten Kunden aus wieder zurück zum Wohnort, so gelten gem. einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Hin- und Rückweg als Arbeitszeit (BAG, Az. 5 AZR 292/08). Bei Außendienstmitarbeitern zählt die Fahrzeit ebenso wie der eigentliche Kundentermin zur Arbeitszeit, da hier zur Erfüllung der Tätigkeit ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Die Rüst- und Umkleidezeit
Die Rüstzeit bezeichnet die Zeit, die benötigt wird, um beispielsweise einen PC hochzufahren, eine Arbeitsmaschine einzurichten oder nach Ladenschluss den Arbeitsplatz aufzuräumen, etwa im Falle von Einzelhandel oder Gastronomie. Diese Zeit gilt in der Regel als Arbeitszeit.
Die Umkleidezeit gilt unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls als Arbeitszeit: Ist Arbeitnehmern das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung durch den Arbeitgeber angeordnet und darf die Arbeitskleidung nicht auf dem Weg zur Arbeit getragen werden, so gilt die Umkleidezeit als Arbeitszeit. Ebenso wie der Weg zwischen den Umkleideräumlichkeiten zur Arbeitsstelle (BAG, Az. 5 AZR 678/11).
Der Gang zur Toilette und andere Kurzpausen
Zu den Kurzpausen zählen zum Beispiel der Gang zur Toilette, kurze Bildschirmpausen oder auch kurze Dehnübungen. Diese kurzen Unterbrechungen werden als Arbeitszeit vergütet. Auch eine unvorhergesehene Unterbrechung etwa durch technische oder organisatorische Gründe wird vergütet, da es sich um eine betrieblich bedingte Unterbrechung der Arbeitszeit handelt und Arbeitnehmer sich zur Wiederaufnahme der Tätigkeit bereithalten müssen.
Was gilt für die Dienstreise?
Ob der Besuch beim Kunden, dem Geschäftspartner, Zulieferer oder eines anderen Unternehmensstandortes, manchmal ist eine Dienstreise an einen vom Unternehmensstandort weiter entfernt liegenden Zielort erforderlich. Die Dienstreise orientiert sich dabei an den Erfordernissen des Unternehmens und erfolgt im Interesse und Auftrag des Arbeitgebers. Die Teilnahme daran ist daher als Arbeitszeit zu sehen.
Gleiches gilt vergütungsrechtlich für die erforderliche Reisezeit: Mit der Entscheidung vom Oktober 2018 hat das Bundesarbeitsgericht definiert, dass Reisezeiten, die erforderlich sind, grundsätzlich durch den Arbeitgeber im Sinne des § 611 a Abs. 2 BGB zu vergüten sind, wenn keine gesonderten Vergütungsregelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag bestehen. Private Zwischenstopps sind hierbei jedoch nicht erlaubt.
Arbeitszeit bei Fort- und Weiterbildungen
Entsendet der Arbeitgeber Mitarbeiter zu einer Fort- oder Weiterbildung, so sind der Weg dorthin und die Fortbildungszeit als Arbeitszeit anzusehen. Anders ist die Lage bei einer freiwilligen Teilnahme an einer Fortbildung. Auch wenn der Arbeitnehmer Kenntnisse erwirbt, die für seine Arbeit von Vorteil sind, gilt diese Zeit nicht automatisch als Arbeitszeit.
Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst
Rufbereitschaft bedeutet, der Arbeitnehmer hält sich telefonisch erreichbar. Dazu muss dieser nicht am Arbeitsplatz anwesend sein, sondern kann seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen und Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Daher gilt die Rufbereitschaft als Ruhezeit und wird nicht vergütet. Wird der Arbeitnehmer jedoch während der Rufbereitschaft kontaktiert und muss aktiv werden, z.B. Haustechniker, der im Notfall gerufen wird, um Probleme zu beseitigen, zählt dies als Arbeitszeit. Besteht Rufbereitschaft nachts, am Wochenende oder an Feiertagen, wird bei Arbeitseinsatz ein Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschlag vergütet.
Beim Bereitschaftsdienst hält sich der Arbeitnehmer in der Regel im Unternehmen oder in unmittelbarer Nähe auf und muss sich dazu bereithalten, seine Arbeit jederzeit aufnehmen zu können. Typisch sind Bereitschaftsdienste zum Beispiel in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Feuerwachen. Der Bereitschaftsdienst gilt vollumfänglich als Arbeitszeit.
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