01.04.2019 – zuletzt aktualisiert am: 07.07.2022
Digitaler Nachlass – Das passiert mit Social-Media-Accounts, Mails und Co.
Ohne eine E-Mail-Adresse können viele heutzutage alltägliche Aktivitäten gar nicht mehr erledigt werden – Online-Shopping, Reservierungen in Restaurants oder die Buchung eines Urlaubs zum Beispiel. Ebenso gehören soziale Netzwerke für viele heute zum Alltag. Doch was passiert mit den Accounts und den Daten im Todesfall? Wie lässt sich der digitale Nachlass am besten regeln? Das und mehr beantwortet dieser Beitrag.
Inhalt:
Digitaler Nachlass: Definition
Als digitaler Nachlass lässt sich laut dem Bundesministerium der Justiz die Gesamtheit des digitalen Vermögens definieren. Dazu gehören Rechtspositionen im Internet von Verstorbenen, zum Beispiel
- Daten bei Kommunikationsdiensten (z. B. WhatsApp, Facebook oder Instagram)
- Kundenkonten bei Onlineshops und Streamingdiensten
- Abos für E-Books
- Konten und Vermögenswerte bei Onlinebanken und Bezahldiensten
- Zugriff auf Apple- oder Microsoft-Konten
- Nutzungsrechte an einer Software
- Speicherplatz in einer Cloud
Hinzu kommen Eigentumsrechte von Verstorbenen an Hardware sowie ggf. Rechte an hinterlegten Bildern, Foreneinträgen und Blogs.
Die aktuelle Rechtslage zum digitalen Nachlass
Wer erbt, tritt in alle Rechte und Pflichten der verstorbenen Person ein. Das gilt auch für solche aus dem Internet. Mit seinem Grundsatzurteil vom 12.07.2018 und einem späteren Beschluss (Beschl. v. 27.08.2020, Az. III ZB30/20) hat der Bundesgerichtshof das elektronische Erbe dem materiellen Erbe gleichgestellt. In diesem sprach der BGH Eltern ein Zugriffsrecht auf das Facebook-Konto ihres verstorbenen Kindes zu. Das Facebookprofil von Verstorbenen zählt demnach grundsätzlich zum digitalen Erbe.
Wichtig: Hierbei handelt es sich ausschließlich um ein Zugriffsrecht. Ein Nutzungsrecht, also das Recht, vorhandene Inhalte zu verändern bzw. neue Inhalte zu erstellen, umfasst das Urteil nicht.
Das Grundsatzurteil wird auch vom Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz TTDSG gestützt, welches im Dezember 2021 in Kraft getreten ist. Denn das Gesetz bestätigt, dass sowohl die Datenschutzvorgaben als auch das Fernmeldegeheimnis den Zugriff zulässt.
Was passiert mit Online-Verträgen und -Rechnungen im Todesfall
Bei Verträgen und Rechnungen ist die Rechtsgrundlage eindeutig. Erbende stehen grundsätzlich in der Rechtsnachfolge bei Online-Geschäften und übernehmen alle Rechte und Pflichten, welche sich aus diesen ergeben.
So müssen von Verstorbenen online bestellte Waren bezahlt und gebuchte Urlaube storniert werden. Zudem verpflichtet das Erbe auch dazu, Waren aus einer Online-Auktion zu versenden, wenn sie verkauft wurden.
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So gehen verschiedene Online-Dienste mit dem digitalen Nachlass um
Abgesehen vom getroffenen Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes bieten viele Online-Dienste verschiedene Möglichkeiten an, den digitalen Nachlass schon vor dem Tod selber zu regeln, und bieten den Hinterbliebenen Hilfestellung.
Konten bei GMX und Web.de sind grundsätzlich vererbbar. Erben können diese einsehen und wahlweise weiter nutzen oder schließen.
Beim E-Mail-Anbieter Yahoo erhalten Erben aufgrund der Nutzungsbestimmungen jedoch keinen Zugriff auf E-Mails, sie können das Konto lediglich löschen lassen.
Die Telekomgibt für T-Online-E-Mail- bzw. Freemail-Kunden beispielsweise an, dass eine Zuordnung eines E-Mail-Kontos auf die Angehörigen nicht möglich ist und entsprechend kein Zugriff gewährt werden kann, um auf das Postfach zu zugreifen.
Hinweis: Wer E-Mails des Verstorbenen auf dessen Rechner findet, darf diese bedenkenlos lesen.
Google gibt Nutzern die Möglichkeit, das Thema digitaler Nachlass bereits zu Lebzeiten zu regeln. Mit dem Kontoinaktivität-Manager kann man bei Google vorab Vertrauenspersonen bestimmen, die im Fall der Fälle automatisch Kopien der bei den Google-Diensten hinterlegten Daten erhalten. Zudem kann man mit dem digitalen Testament bei Google bestimmen, wer in der Erbfolge Zugriff auf welche Daten erhält.
Auch Apple bietet die Möglichkeit an, dass Apple-User für ihre Apple-ID einen Nachlasskontakt hinterlegen können – allerdings erst ab der Betriebsversion 15.2 für Handys oder Tablets und für Laptops ab der Version 12.1.
Die gewählte Person hat dann drei Jahre lang Zugriff auf die Daten und im Anschluss daran werden die Daten gelöscht.
Microsoft bietet insbesondere für Deutschland die Möglichkeit an, mittels Nachweis Zugriff auf das Konto des oder der Verstorbenen zu erhalten.
Ist dies nicht notwendig oder gewünscht, werden Konten automatisch nach zwei Jahren Inaktivität geschlossen.
Digitaler Nachlass in Social Media
Profile in sozialen Netzwerken unterliegen dem postmortalen Persönlichkeitsschutz. Dieses räumt Angehörigen das Recht ein, eventuelle Manipulationen der Inhalte durch Dritte zu verbieten und bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Erblassers Unterlassungsansprüche geltend zu machen.
Die gängigsten Social Media-Kanäle bieten unterschiedliche Wege an, den digitalen Nachlass frühzeitig zu regeln. Informationen erhält man in der Regel über eine Suche auf der Support-Seite des jeweiligen Kanals oder in einer Suchmaschine. Die wichtigsten sozialen Medien im Überblick:
Für ein Facebook-Konto lässt sich ein Nachlasskontakt hinterlegen, der im Todesfall definierte Aktionen im Facebook-Konto ausführen kann, wie zum Beispiel das Konto löschen. Dafür muss das Konto zunächst in den Gedenkzustand versetzt werden.
Ähnliches gilt für Instagram: Das Konto eines oder einer Verstorbenen kann in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht werden. Ein Zugriff auf das Konto kann dagegen nicht wie bei Facebook über einen Nachlasskontakt beantragt werden.
WhatsApp löscht Accounts nach 120 Tagen der Inaktivität selbstständig.
Gibt es einen Zugang zum Handy der verstorbenen Person, kann der Account auch direkt gelöscht werden.
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Digitaler Nachlass – Checkliste zur digitalen Vorsorge
Um Angehörigen die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Abwicklungsverfahren von Internet-Providern zu ersparen, ist es empfehlenswert, den digitalen Nachlass bereits zu Lebzeiten zu regeln. Hierbei hilft diese Checkliste:
1. Zugangsdaten und Passwörter hinterlegen
Das Hinterlegen von Passwörtern für E-Mails, soziale Netzwerke und andere Internetanwendungen erleichtert Angehörigen den Zugriff auf das digitale Erbe.
Die Passwörter können beispielsweise in Papierform, in Form eines „digitalen Testaments“ zusammen mit dem herkömmlichen Testament in einem Notariat hinterlegt oder auf einem USB-Stick gespeichert an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Dafür sollte eine Auflistung aller Accounts inklusive Zugangsdaten angelegt werden.
2. Einen digitalen Nachlassplan anlegen
Eine weitere Möglichkeit ist es, eine Person für die Verwaltung des digitalen Erbes zu bestimmen: Mit einer Vollmacht für die digitalen Daten räumt man einer Vertrauensperson im eigenen Todesfall Zugriff auf den digitalen Nachlass ein.
Idealerweise bestimmt die Vollmacht nicht nur einen Nachlasskontakt, sondern enthält auch Angaben darüber, wie mit dem Thema digitaler Nachlass umgegangen werden soll. Welche Daten sollen gelöscht werden? Was soll mit dem Account in einem sozialen Netzwerk geschehen?
Die Verbraucherzentrale bietet hierfür eine Muster-Vollmacht für digitale Konten an.
3. Der digitale Nachlassservice
Digitale Nachlassdienste, wie beispielsweise der digitale Nachlassplaner Columba, bieten Internetnutzern die Möglichkeit, zu Lebzeiten festzulegen, wer nach dem Tod Zugriff auf die digitalen Daten erhalten soll.
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