27.02.2025
Erbschleicher und Erbschleicherei: So kann man vorgehen

Guter Wille oder böse Absicht? Vor allem betagten Menschen wird Hilfe nicht aus reiner Nächstenliebe, sondern mit Blick auf eine mögliche Erbschaft angeboten. Wir erklären, was sich hinter der sogenannten Erbschleicherei verbirgt, wie man Erbschleicher*innen erkennen kann und was am besten zu tun ist.
Inhalt:
- Woran kann man Erbschleicherei erkennen?
- Erbschleicher in der eigenen Familie
- Wer wird Opfer von Erbschleicherei?
- Was sind die Gründe für Erbschleicherei?
- Kann man ein Testament wegen Erbschleicherei anfechten?
- Ist Erbschleicherei strafbar?
- Wie kann man Erbschleicherei nachweisen?
- Wie kann man sich gegen Erbschleicherei schützen?
- Was tun, wenn man Opfer von Erbschleicherei geworden ist?
Was ist Erbschleicherei?
Von Erbschleicherei spricht man, wenn eine Person Einfluss auf eine erblassende Person nimmt, um sich unrechtmäßig einen Anteil an ihrem Nachlass zu sichern. Dabei wird die ein Erbe hinterlassende Person so beeinflusst, dass sie den oder die Erbschleicher*in durch Bevollmächtigung, Schenkung oder Testamentsverfügung begünstigt.
Woran kann man Erbschleicherei erkennen?
Potenzielle Erbschleicher*innen zu erkennen, ist in der Praxis nicht einfach. Sie bringen der erblassenden Person (gespielte) Zuwendung und Hilfsbereitschaft entgegen, die nur schwer von guten Absichten zu unterscheiden ist.
Deutliche Hinweise für Erbschleicherei können sein, wenn eine Person:
- plötzlich auffallend viel Hilfe anbietet, obwohl sie mit der erblassenden Person in der Vergangenheit nur wenig Kontakt hatte
- der erblassenden Person übermäßig schmeichelt
- Mitleid erregt, beispielsweise aufgrund einer angeblichen finanziellen Not
- die erblassende Person von anderen Familienmitgliedern und Freunden isolieren will
Erbschleicher in der eigenen Familie: Was kann man tun?
Oft sind Erbschleicher*innen in der eigenen Familie zu finden. Familienmitglieder wollen ihren eigenen Erb-Anteil erhöhen oder den der anderen verringern. Erkennbar ist dies beispielsweise, wenn einzelne Personen plötzlich schlecht über andere Teile der Familie reden und im gleichen Atemzug die Ausstellung etwaiger Vollmachten vorschlagen. Besonders beliebt ist hierbei die Vorsorgevollmacht. Sie berechtigt Erbschleicher*innen unter Umständen zur gesamten Vermögensverwaltung und somit auch zur Überweisung oder Abhebung von Vermögenswerten.
Der erblassenden Person nahestehende Angehörige sollten aus diesem Grund stets aufmerksam sein und die Ausstellung etwaiger Vollmachten mit der erblassenden Person abstimmen.
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Wer wird Opfer von Erbschleicher*innen?
Erbschleicher*innen suchen sich üblicherweise vermögende, leicht beeinflussbare Opfer. Dies können beispielsweise alte, kranke oder alleinstehende Menschen sein. Diese Personengruppen lassen sich oftmals besonders leicht manipulieren. Sie binden sich emotional schneller an Erbschleicher*innen, da sie von diesen die Zuwendung erhalten, die sie im Alltag vermissen.
Was sind die Gründe für Erbschleicherei?
In der Regel gibt es für Erbschleicherei zwei zentrale Gründe:
- Selbstbereicherung: Erbschleicher*innen möchten sich einen Erbteil erschleichen oder ihren Erbteil erhöhen.
- Anderen Erb*innen schaden: Erbschleicher*innen lassen sich einen möglichst hohen Erbanteil zuschreiben, um den Erbteil anderer Erbberechtigter zu reduzieren.
Gelegentlich wird Erbschleicherei auch in organisierten Gruppen ausgeübt. Diese gehen gezielt und in festen Mustern vor, um gemeinsam Geld anzusammeln, das dann für Eigenzwecke genutzt wird.
Kann man ein Testament wegen Erbschleicherei anfechten?
Das deutsche Erbrecht kennt eine umfangreiche Testierfreiheit. Jeder darf seine Erb*innen selbst bestimmen. Sogar nahe Angehörige können enterbt werden. Ihnen steht dann – je nach Einzelfall – lediglich ein Pflichtteilanspruch zu. Das bedeutet: Die Testierfreiheit umfasst auch das Recht, ungerechte und für Dritte womöglich nicht nachvollziehbare letzte Verfügungen zu treffen.
Allerdings setzt die Testierfreiheit eine Testierfähigkeit voraus. Erblassende Personen müssen:
- erkennen, dass sie ein Testament aufsetzen
- erkennen, welche Inhalte das Testament aufweist
- in der Lage sein, die Tragweite der Verfügungen zu erkennen
- frei von Einflüssen Dritter handeln
Fehlt es an der Testierfähigkeit, können Erb*innen ein Testament anfechten. Dazu ist eine Anfechtungserklärung beim zuständigen Nachlassgericht am letzten Wohnort des Erblassers einzureichen.
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Ist Erbschleicherei strafbar?
Die Erbschleicherei ist kein eigener Straftatbestand. Allerdings machen sich Erbschleicher*innen im Rahmen ihres Vorgehens häufig auf andere Weise strafbar. Beispielsweise wegen Urkundenfälschung (bei Testamentsfälschung), falscher Versicherungen an Eides statt (falsche Angaben bei Erbscheinbeantragung) oder Untreue (häufig bei betreuenden Personen).
Wie kann man Erbschleicherei nachweisen?
Wer Erbschleicherei befürchtet, sollte sämtliche Handlungen der verdächtigten Person bestmöglich dokumentieren. Screenshots von E-Mails, Kopien von Briefen sowie Fotos und Videos können Beweise liefern, eine Erbschleicherei nachzuweisen.
Zwar ist eine Anzeige wegen Erbschleicherei nicht möglich, allerdings können andere Delikte – wie beispielsweise Urkundenfälschung – zur Anzeige gebracht werden. Ob ein solches Vorgehen empfehlenswert ist, sollte gemeinsam mit einer Rechtsvertretung erörtert werden. Die Allrecht Privat-Rechtsschutz hilft Betroffenen bei der Suche nach einem kompetenten Rechtsbeistand.
Wie kann man sich gegen Erbschleicherei schützen?
Der beste Schutz gegen Erbschleicherei ist ein regelmäßiger Kontakt zur erblassenden Person. Plötzlich im Umfeld auftauchende Personen werden so erkannt. Darüber hinaus sollten etwaige Dokumente gemeinsam mit der erblassenden Person ausgefüllt werden. Dies betrifft insbesondere die Vorsorgevollmacht, in der vertrauenswürdige Familienangehörige mit wichtigen Dingen – wie beispielsweise der Vermögensverwaltung – betraut werden können.
Lese-Tipp: Die Unterschiede zwischen Erbschaft und Schenkung
Was kann man tun, wenn man Opfer von Erbschleicherei geworden ist?
Besteht der Verdacht, Opfer von Erbschleicherei geworden zu sein, sollte die Erbunwürdigkeit des Erbschleichers bzw. der Erbschleicherin beim zuständigen Nachlassgericht angezeigt werden. Eine festgestellte Erbunwürdigkeit bewirkt, dass Erbschleicher*innen alle erbrechtlichen Ansprüche verlieren.
Gemäß § 2339 BGB liegt eine Erbunwürdigkeit vor, wenn Erb*innen:
- die erblassende Person töten oder deren Gesundheit so schaden wollten, dass der letzte Wille nicht mehr aufgesetzt, geändert oder aufgehoben werden konnte
- vorsätzlich und widerrechtlich verhindert haben, dass die erblassende Person ein Testament aufsetzen konnte
- die erblassende Person getäuscht oder ihr gedroht haben, so dass diese kein Testament aufgesetzt oder ein bisheriges Testament geändert hat
- sich einer der folgenden Straftaten strafbar gemacht haben: mittelbare Falschbeurkundung, Ausweisänderung, Urkundenfälschung oder -unterdrückung, oder -veränderung

Wichtig: Die Frist für eine Feststellung der Erbunwürdigkeit beträgt 1 Jahr und gilt ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme über den Anfechtungsgrund.
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