25.03.2020
Ermittlung gegen Polizeibeamte – Wenn Polizisten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen werden
Der Polizei obliegt per Gesetz das Gewaltmonopol. Sie ist zur Befragung und Durchsuchung von Personen und unter Umständen sogar zur Ausübung von physischer Gewalt legitimiert. Die Rechte von Polizeibeamten sind jedoch klar eingegrenzt. Doch welche Vergehen zählen als Straftat? Welche Folgen haben schuldige Polizeibeamte zu erwarten? Was können Menschen tun, die Opfer von Polizeigewalt wurden? Und was passiert im umgekehrten Fall – wenn Polizisten zu Unrecht beschuldigt werden?
Was darf die Polizei – und was nicht?
Kontrolle von Fußgängern
Bei der Kontrolle von Fußgängern haben Polizeibeamte das Recht zur Identitätsfeststellung. Entsprechend dürfen sie einen Ausweis verlangen. Eine Personenkontrolle bzw. Durchsuchung von Unverdächtigen i.S.d. § 103 Strafprozessordnung (kurz: StPO) ist nur dann gestattet, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Durchsuchung zur Ergreifung eines Verdächtigen oder zur Spurensicherung beiträgt. Auch die Durchsuchung von Beschuldigten ist gem. § 102 StPO gestattet, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass dieser eine Straftat begangen hat.
Kontrolle von Fahrzeugführern
Fahrzeugführer können gem. § 36 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (kurz: StVO) einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen werden. Dabei dürfen Polizeibeamte:
- Personen auffordern ,anzuhalten und das Fahrzeug zu verlassen
- Ausweis, Führerschein und Zulassungsbescheinigung Teil I verlangen
- kontrollieren, ob Verbandskasten und Warndreieck vorhanden sind
Sie dürfen jedoch nicht grundlos das Fahrzeug durchsuchen oder den sogenannten Rombergtest durchführen.
Körperliche Untersuchungen nach § 81a StPO
Die Abnahme von Blut und Urin- bzw. Schweißtests sind ein schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Diese Untersuchungen dürfen nur an einem Beschuldigten vorgenommen werden und bedürfen der Zustimmung eines Richters. Lediglich bei „Gefahr im Verzug“ können Polizeibeamte ohne richterliche Zustimmung entscheiden, eine Person körperlich zu untersuchen. Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn die Beamten unmittelbar reagieren müssen, um z.B. nachweisen zu können, dass eine Person zum besagten Zeitpunkt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand.
Fehlverhalten von Polizisten: Folgen und mögliche Strafen
Die Durchsuchung von unverdächtigen Personen ohne deren Zustimmung erfüllt den Tatbestand der Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB). Dieser wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Die Vornahme einer körperlichen Untersuchung ohne Gefahr im Verzug sowie der Zustimmung der betroffenen Person gilt gem. § 340 StGB als Körperverletzung im Amt und wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet.
Zusätzlich zur strafrechtlichen Verfolgung drohen Polizeibeamten in diesen Fällen auch disziplinarische Maßnahmen. Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens nahelegen, leitet der Vorgesetzte ein Disziplinarverfahren ein. Hat der Beamte nachweislich die ihm obliegenden Pflichten verletzt (siehe § 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz), drohen – je nach Schwere des Vergehens – ein dienstlicher Verweis, eine Geldbuße oder sogar eine Entfernung aus dem Dienst mit anschließender Aberkennung des Ruhegehalts.
Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im Dienst versus privat
Gemäß Art. 3 Grundgesetz sind vor dem Gesetz alle Menschen gleich. Erfüllt ein Polizeibeamter im Dienst den Tatbestand eines Strafgesetzes, kann er sich zunächst jedoch auf die rechtlichen Grundlagen der Polizeigesetze sowie die Strafprozessordnung berufen. Diese polizeilichen Ermächtigungsnormen führen unter Umständen zu einer Rechtfertigung seines Handelns – und damit zu einer Straffreiheit. Eine solche Rechtfertigung ist beispielsweise dann gegeben, wenn Polizeibeamte selbst Opfer von Gewalt werden. In diesem Fall sind sie gem. § 32 StGB ermächtigt, eine zur Gefahrenabwehr erforderliche Verteidigungshandlung vorzunehmen. Dies kann – je nach Situation – auch die Ausübung von körperlicher Gewalt umfassen. Zudem ist die Anwendung von unmittelbarem Zwang zulässig, sofern dies zur Durchsetzung einer formfreien polizeilichen Maßnahme – beispielsweise eines Platzverweises – erforderlich ist.
Erfüllt ein Polizeibeamter jedoch ohne Rechtfertigung den Tatbestand eines Strafgesetzes, wird das Vergehen – wie bei jedem anderen Bürger – von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Aber: Viele Sondernormen, wie beispielsweise § 340 StGB, stellen Straftaten während der Dienstzeit unter eine höhere Strafe als sie bei Straftaten außerhalb der Dienstzeit verhängt werden würden. Zudem wird bei Straftaten im Dienst ein Disziplinarverfahren eröffnet, das unter Umständen Folgen für die Karriere des Beamten hat.
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die Polizeibeamte in ihrer privaten Freizeit begehen, werden wie bei jedem anderen Bürger verfolgt und geahndet. Besteht jedoch ein Bezug zwischen der begangenen Tat und den mit dem Amt des Polizeibeamten verbundenen Pflichten, wird zusätzlich ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Was können Opfer von Polizeigewalt tun?
In Deutschland gibt es keine unabhängige Beschwerdestelle, um ein Fehlverhalten von Polizeibeamten zu melden. Betroffenen bleibt nur eine Anzeige bei der örtlichen Polizeidienststelle oder der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die Anzeige sollte in Kooperation mit einem erfahrenen Rechtsbeistand gestellt werden.
Eine zuverlässige Privat-Rechtsschutzversicherung hilft bei der Suche nach einem kompetenten Anwalt. Zusätzlich steht es Betroffenen frei, bei der zuständigen Polizeidienststelle eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den oder die Polizeibeamten einzureichen. Diese wird geprüft und führt bei einem dringenden Tatverdacht zu einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
Falscher Vorwurf der Polizeigewalt – welche Konsequenzen drohen?
Die Ereignisse des Silvesterabends im Jahr 2015 in Köln sowie die Vorkommnisse beim G20-Gipfel in Hamburg zeigen: Immer wieder erheben Teilnehmer öffentlicher Veranstaltungen schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamte. Bei der Klärung der Schuldfrage fehlt es jedoch häufig an glaubhaften Aussagen von Zeugen und Geschädigten. Auch die Sichtung von vorhandenem Videomaterial trägt nur gelegentlich zur Aufklärung bei. Viele Aufnahmen zeigen zwar die Tat, jedoch nicht den Kontext, der dazu geführt hat – und damit mögliche Rechtfertigungsgründe, welche sich für Polizeibeamte im Falle eines Ermittlungsverfahrens entlastend auswirken. Drohen Polizeibeamten dennoch Konsequenzen, wenn sie zu Unrecht einer Straftat beschuldigt wurden? Mit welcher Strafe müssen Geschädigte rechnen, wenn sie Polizeibeamte wissentlich falsch verdächtigt haben?
Stellt sich im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens heraus, dass der Vorwurf einer Straftat im Amt nicht berechtigt war, haben Beamte nichts zu befürchten. Für sie bleibt ein aus Beweismangel eingestelltes Ermittlungsverfahren ohne rechtliche bzw. dienstliche Folgen.
Wichtig für Polizeibeamte ist eine zuverlässige Privat-Rechtsschutzversicherung mit erweiterten Straf-Rechtsschutz für die Verteidigung gegen den Vorwurf eines angeblich begangenen Vergehens.
Wer jedoch Polizeibeamte wider besseren Wissens einer Straftat beschuldigt – also bewusst lügt – und dies der Polizei oder Staatsanwaltschaft kundtut, macht sich gem. § 164 StGB einer falschen Verdächtigung strafbar. Voraussetzung: Der Täter handelt mit der Absicht, gegen den oder die beschuldigten Polizeibeamte ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme, wie beispielsweise eine Hausdurchsuchung, herbeizuführen. Das mögliche Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft.
Wurde die Verdächtigung als Dienstaufsichtsbeschwerde zu Protokoll gegeben, wird diese zwar – sofern ein Disziplinarverfahren anhängig ist – in die Personalakte eingetragen, allerdings haben Bundesbeamte gem. § 112 Abs. 1 S. 1 BBG einen Anspruch darauf, dass dies entfernt wird, sobald sich die Beschuldigung als unwahr herausstellt.
Rechtsschutztipp
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