07.06.2021
Freiberufler oder Selbstständiger: Welche Unterschiede gibt es?
Vereinfachte Buchführung, keine Zahlung von Gewerbesteuer und auch die Pflichtmitgliedschaft in der Handelskammer entfällt: Freiberufler genießen unter den Selbstständigen einen Sonderstatus. Wer sich selbstständig machen will, steht folglich vor der Frage: Bin ich Freiberufler oder Selbstständiger? Dieser Artikel klärt auf. Von den Voraussetzungen über die Vorteile bis hin zu steuerlichen Besonderheiten einer freiberuflichen Tätigkeit.
Gewerbe oder Freiberufler: Darauf kommt es an
Die Rechtsgrundlage für die berufliche Selbstständigkeit bildet § 1 Abs. 1 Gewerbeordnung (kurz: GewO). Als selbstständige Arbeiten gelten berufliche Tätigkeiten, welche nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis – jedoch mit der Absicht, Gewinn zu erzielen – durchgeführt werden.
Liegen keine Anhaltspunkte für eine freiberufliche Tätigkeit vor, sind Selbständige gem. § 15 Einkommenssteuergesetz (kurz: EStG) zunächst einmal Gewerbetreibende.
Freiberufler unterscheiden sich von Gewerbetreibenden gemäß § 1 Abs. 2 PartGG durch eine besondere berufliche Qualifikation sowie eine „fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art“. Der Status des Freiberuflers ergibt sich aus der Ausbildung des Selbstständigen und/oder seiner Tätigkeit.
Ein Freiberufler ist nicht mit einem Freelancer zu verwechseln. Als Freelancer gelten gem. § 7 Abs. 1 SGB IV selbstständige Arbeitskräfte, die auf Grundlage eines freien Dienst- oder Werkvertrages arbeiten, ohne dabei angestellt zu sein. Der Begriff „Freelancer“ bezeichnet also die Art des Arbeitsverhältnisses, der Begriff „Freiberufler“ hingegen die Art der Tätigkeit. Folglich gilt: Ein Freelancer kann ein Freiberufler sein oder als gewerbetreibender Solo-Selbständiger auftreten.
Voraussetzungen für Freiberufler
Eine freiberufliche, selbstständige Tätigkeit ist unter der Voraussetzung möglich, dass die geplante oder bereits ausgeübte Tätigkeit vom Finanzamt als freier Beruf anerkannt wird.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die ausgeübte Selbstständigkeit zu den sogenannten Katalogberufen i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählt. Als Katalogberufe sind beispielsweise folgende selbstständige Tätigkeiten definiert:
- wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten
- Notare, Rechtsanwälte
- Ingenieure, Architekten
- Handelschemiker
- Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Betriebswirte
- Bildberichterstatter, Journalisten
- Dolmetscher, Übersetzer
- Lotsen
Freiberufler vs. Selbständiger: Vorteile eines Freiberuflers bei Buchhaltung, Steuern und Pflegeversicherung
Buchhaltung
Freiberufler profitieren von einer vereinfachten Buchführung. Sie haben die Möglichkeit zu einer Einnahmeüberschussrechnung (kurz: EÜR). Dabei handelt es sich um eine einfache Buchführung ohne Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung. Gewerbetreibende Selbstständige haben das Recht zur EÜR nur, sofern ihr Gewinn 50.000 Euro oder ihr Umsatz 500.000 Euro nicht übersteigt.
Steuern
Freiberufler müssen keine Gewerbesteuer entrichten. Zudem haben Freiberufler das Recht, die Umsatzsteuer mit der Vorsteuer zu verrechnen. Da die Vorsteuer im Voraus zu bezahlen ist, können Nachzahlungen geringer ausfallen oder ganz vermieden werden. Die Vorauszahlungshöhe kann frei bestimmt werden, sofern sie der tatsächlichen Steuerschuld entspricht. In der Regel orientiert sich diese an vergangenen Steuerbescheiden oder wird anhand der zu erwartenden Einnahmen geschätzt.
Wichtig: Die Vorsteuer ist pauschal zu leisten, wenn sie in dem jeweiligen Kalenderjahr mindestens 400 Euro oder mindestens 100 Euro für einen Vorauszahlungstermin beträgt.
Gewerbeanmeldung und Mitgliedschaft in der Handelskammer
Wer freiberuflich tätig ist, muss kein Gewerbe beim Gewerbeamt anmelden und unterliegt nicht der Gewerbeaufsicht. Die Mitgliedschaft in einer Handelskammer ist freiwillig.
Beiträge zur Sozial- und Rentenversicherung
Selbstständige müssen keine Sozialabgaben zahlen. Allerdings existiert in einigen freien Berufen die Pflicht, in die Rentenkasse einzuzahlen. Dies betrifft unter anderem:
- Selbständige im Pflegedienst
- Lehrer
- Trainer
- Pädagogen
- Hebammen
Diese Berufe werden vom Gesetzgeber als schutzbedürftig erachtet, es besteht eine Rentenversicherungspflicht. Bei bestimmten freien Berufen ist die Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk Pflicht. Dazu zählen beispielsweise Rechtsanwälte und Steuerberater. Künstler, Autoren und Publizisten haben die Pflicht, eine Anmeldung in der Künstlersozialkasse vorzunehmen.
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