24.05.2022

Hund bei Hitze im Auto: Wann darf man die Scheibe einschlagen?

Sei es, um einzukaufen oder „nur mal eben“ einen Kaffee zu trinken: Immer wieder lassen Menschen ihren Hund bei sommerlicher Hitze alleine im Auto. Werden Passanten auf die Situation aufmerksam, stellt sich schnell die Frage: Was kann ich tun? Welches Vorgehen ist sinnvoll und wie ist die aktuelle Rechtslage? Außerdem: Wann zieht das Einschlagen einer Autoscheibe durch Tierretterinnen und Tierretter keine rechtlichen Konsequenzen nach sich?

Tier im Auto: Die aktuelle Rechtslage

Wer ein Tier bei Hitze im Auto zurücklässt, handelt rechtswidrig. Die deutsche Gesetzeslage ist eindeutig, denn gemäß § 18 Tierschutzgesetz (kurz: TierSchG) ist es verboten, einem Wirbeltier vorsätzlich oder fahrlässig und ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen.

Die Gefahr der Hitzeentwicklung im Auto wird häufig unterschätzt. Wissenschaftler des Department of Meteorology and Climate Science der San José State University haben festgestellt, dass bei einer Außentemperatur von 30 Grad die Innentemperatur bereits nach 30 Minuten auf 46 Grad ansteigt.

Außentemperatur

Innentemperatur

Nach 10 Minuten

Nach 30 Minuten

Nach 60 Minuten

20 ° Celsius

24 ° Celsius

27 ° Celsius

36 ° Celsius

46 ° Celsius

24 ° Celsius

28 ° Celsius

31 ° Celsius

40 ° Celsius

50 ° Celsius

30 ° Celsius

34 ° Celsius

37 ° Celsius

46 ° Celsius

56 ° Celsius

34 ° Celsius

38 ° Celsius

41 ° Celsius

50 ° Celsius

60 ° Celsius

40 ° Celsius

44 ° Celsius

47 ° Celsius

56 ° Celsius

66 ° Celsius

Quelle: Vgl. https://www.peta.de/themen/hund-hitze-auto/

Darf man die Scheibe eines Autos einschlagen, wenn ein Hund im Auto ist?

Wenn Passanten einen leidenden Hund oder ein anderes Tier bei Hitze in einem Auto entdecken, ist der erste Impuls häufig, die Scheibe einzuschlagen. Dies gilt gem. § 303 Strafgesetzbuch (kurz: StGB) als Sachbeschädigung. Darüber hinaus kann das Vorgehen nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (kurz: BGB) auch zivilrechtlich geahndet werden.

Aber: Tierrettern stehen mit § 228 BGB und § 34 StGB zwei sogenannte Notstandsparagraphen zur Seite, die das Einschlagen des Autofensters unter folgenden Voraussetzungen rechtfertigen können.

In § 228 BGB heißt es:

„Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich[...]“

In § 34 StGB heißt es:

„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig[...]“

Damit ein Notstand vorliegt, muss sich das Tier im Auto in unmittelbarer Gefahr befinden, darüber hinaus darf es kein milderes Mittel geben, um diese Gefahr zu beseitigen. Ein Hund, der bei Hitze im Auto sitzt, rechtfertigt also per se nicht das Einschlagen der Fensterscheibe. Häufig ist die tierhaltende Person nur kurz weg, oder das Fahrzeug verfügt über eine Standklimaanlage.

Bevor man das Tier eigenmächtig aus dem Fahrzeug holt, sollte man deshalb in jedem Fall erst nach einer anderen Lösung suchen: Ist wirklich ein Notstand vorhanden? Ist der Halter oder die Halterin irgendwo zu sehen? Gibt es Zeugen? Sinnvoll ist es auch, zuerst die Polizei zu rufen, bevor man das Auto beschädigt, um sich abzusichern. Unsere Checkliste erläutert das situationsgerechte Vorgehen in Kürze.

Ausnahme: Wenn der Hund im Auto aber bereits apathisch ist und/oder stark hechelt, ist Eile – und damit auch eine Notstandslage – geboten.

Autoscheibe einschlagen war unzulässig: Strafen bei unverhältnismäßiger Beschädigung

Um im Sommer einen Hund im Auto zu retten, darf nur so viel Schaden verursacht werden, wie für die Beseitigung der Gefahr notwendig ist. Wer also nicht nur die Scheibe, sondern auch die Außenspiegel, Tür oder andere Fahrzeugteile beschädigt, muss diesen Schaden ersetzen. Für den Fall, dass das Einschlagen der Scheibe nicht durch eine Notstandslage gerechtfertigt war, hat der Besitzer oder die Besitzerin des Autos demnach Anspruch auf Schadensersatz.

Aber Achtung: Ob eine Notstandslage vorliegt, ist im Einzelfall häufig schwer einzuschätzen. Sowohl betroffene Tierretter als auch Autobesitzer sollten sich im Falle einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung mit einem Rechtsbeistand besprechen. Die ALLRECHT-Privatrechtsschutzversicherung hilft bei der Suche nach einem kompetenten Rechtsbeistand.

Checkliste: Hund bei Hitze im Auto – das richtige Vorgehen

Schwebt ein Lebewesen in Gefahr, ist zügiges, aber besonnenes Handeln geboten. So geht man richtig vor, wenn man ein Tier bei Hitze im Auto sieht:

  • Zustand des Tieres prüfen und beobachten: Hechelt der Hund stark und/oder wirkt apathisch?
  • Tierhalter ausfindig machen, beispielsweise durch Befragungen in umliegenden Geschäften
  • Zeugen suchen und Sachlage dokumentieren (Fotos, Videos)
  • Polizei rufen: Lässt sich der Tierhalter nicht ermitteln, sollte die Polizei verständigt werden.
  • Tier aus der Notsituation befreien: Ist das Tier in einem kritischen Zustand, die Polizei noch nicht vor Ort und lässt sich das Fahrzeug nicht auf andere Weise öffnen, sollte in Betracht gezogen werden, die Autoscheibe einzuschlagen.
  • Nach Befreiung Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen: Tier kühlen, Wasser anbieten und Tierrettung rufen

Hund bei Hitze im Auto: Mögliche Strafen für den Tierhalter

Wird ein Hund oder ein anderes Tier bei Hitze im Auto zurückgelassen, drohen empfindliche Strafen. Wertet das Gericht den Tatbestand als Ordnungswidrigkeit nach § 18 TierSchG, kann dies mit einem Bußgeld i.H.v. bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Musste die Polizei gerufen werden, können die dabei entstehenden Einsatzkosten ebenfalls dem Tierhalter auferlegt werden (Urteil OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 12 A 10619/05)

Handelt es sich um eine vorsätzliche Misshandlung, erfüllt dies unter Umständen den Straftatbestand der Tierquälerei (§ 17 TschG). In diesem Fall droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine hohe Geldstrafe.

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