02.01.2020
Kinderlärm im Mietshaus – was erlaubt ist
Kinder schreien, weinen, lachen und machen Krach beim Spielen in der Wohnung. Der Gesetzgeber zeigt sich größtenteils tolerant und betont, dass Nachbarn den Lärm von Kindern tolerieren müssen. Allerdings fühlen sich manche Mieter durch lärmende Kinder gestört. Hier stellt sich die Frage: Wie viel Kinderlärm ist zumutbar? Müssen Kinder die gesetzlichen Ruhezeiten beachten und ab wann können Nachbarn eine Mietminderung vornehmen?
Aktuelle Rechtsprechung: Kinder dürfen laut sein
Wer eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus anmietet, muss nach aktueller Rechtsprechung damit rechnen, dass die darüber liegende Wohnung von einer Familie mit kleinen Kindern bewohnt werden kann. Dies gehört laut eines Urteils des Amtsgerichts Wedding zum normalen Mietgebrauch. Demzufolge stellt auch das Spielen von Kindern einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar, wie das Amtsgericht Frankfurt in einem Urteil vom 09.09.2005 (Az.: 33 C 3943/04) bestätigt hat. Kinder haben das Recht entsprechend ihrem Spiel- und Bewegungstrieb in der Wohnung zu spielen und zu lärmen. Dabei sind die Geräusche von Rufen und Weinen der Kinder sowie das laute Ermahnen der Eltern von Mietern zu tolerieren (vgl. AG Oberhausen, Az.: 32 C 608/00).
Das Toleranzgebot des Bundesimmissionsschutzgesetzes unterstützt diese Ansicht. In § 22 Abs. 1a BImSchG heißt es:
"Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung."
Die aktuelle Rechtsprechung wendet diesen Paragraphen regelmäßig bei der Beurteilung von Kinderlärm im Mietshaus an und stellt fest, dass Lärm durch spielende Kinder keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung darstellt.
Wie viel Kinderlärm ist zumutbar?
Ein Freibrief für Eltern ist das jedoch nicht. Nach der Ansicht des Landgerichts Berlin (Urteil v. 05.09.2016, Az.: 67 S 41/16) haben Eltern die Pflicht, die von ihren Kindern ausgehenden Geräusche durch erzieherische Maßnahmen möglichst gering zu halten und Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer Bewohner zu nehmen. Übersteigt der Kinderlärm jedoch den Rahmen der normalen Wohnnutzung, also besteht eine dauerhafte, unzumutbare Lärmbelästigung, ist dies unter Umständen ein Grund zur Mietminderung aufgrund eines Sachmangels (§ 536 BGB). Dieser ist an enge Voraussetzungen geknüpft, so dass der Einzelfall mit Hilfe eines Rechtsbeistandes geprüft werden muss. Eine Mietrechtsschutzversicherung hilft betroffenen Mietern bei der Suche nach einem fachkundigen Anwalt.
Ruhezeiten beachten
Auch Kinder müssen sich an die gesetzlichen Ruhezeiten halten. Viele Bundesländer haben zwischen 22 und 6 Uhr eine Nachtruhe festgelegt, weiterführende Regelungen, zum Beispiel zur Mittagsruhe, sind häufig im Mietvertrag oder in der Hausordnung zu finden.
Alle Bewohner müssen während der vorgeschriebenen Ruhezeiten die Zimmerlautstärke einhalten. Babys und Kleinkinder sind von dieser Regelung ausgenommen. Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek bestätigt in seinem Urteil vom 23.07.2003 (Az.: 712 C 175/03), dass der Lärm durch Kleinstkinder auch während der Nacht- und Mittagsruhe von den Hausbewohner zu akzeptieren ist.
Kinderlärm: Hausmusik ist erlaubt
Viele Kinder lernen schon in der Schule ein erstes Instrument – und möchten dieses auch zu Hause spielen. Dies ist möglich, denn Hausmusik ist grundsätzlich erlaubt. Das Mietrecht macht dabei keinen Unterschied zwischen einer klassischen Flöte oder einem Schlagzeug. Kinder dürfen ihr Instrument frei wählen und sind nicht auf die Zustimmung der Nachbarn angewiesen.
Allerdings hängt vom Instrument ab, wie lange geübt werden darf. Für besonders laute Instrumente wie beispielsweise Schlagzeug oder E-Gitarre, gilt eine Stunde des täglichen Übens als Richtwert, leise Instrument wie eine Flöte, Geige oder ein Xylophon, dürfen anderthalb bis zwei Stunden täglich gespielt werden.
Hinweis: Das Recht auf Hausmusik kann vom Vermieter im Mietvertrag oder in der Hausordnung zeitlich eingeschränkt werden. Ein generelles Verbot ist unwirksam.
Kindergeschrei beim Spielen im Garten ist von Nachbarn zu tolerieren
Gehört zum Mietshaus ein Garten und dürfen alle Bewohner diesen als Gemeinschaftsfläche nutzen, gilt dies selbstverständlich auch für Kinder. Geräusche von im Garten spielenden Kindern sind Ausdruck der kindlichen Entfaltung und Entwicklung und grundsätzlich zumutbar, urteilte das Landgericht Braunschweig am 16.03.2012 (Az.: 2 O 1307/09).
Hat der Vermieter für das Mietshaus einen Kinderspielplatz angelegt, dürfen Kinder auf diesem sogar bis in die Nachtstunden spielen (AG Hamburg, Urteil v. 06.02.2002, Az.: 41B C 222/01). Auch der Lärm, welchen spielende Kinder in der Mittagsruhe verursachen, ist nach einem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 06.03.2012 von Mietern zu tolerieren.
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