02.09.2019
Mängelrüge: Was es zu beachten gilt
Sind bei einem Kaufvertrag sowohl Käufer als auch Verkäufer Kaufleute, gilt gemäß § 377 HGB eine kaufmännische Untersuchungs- und Rügepflicht. Danach muss der Käufer die Ware unverzüglich nach Ablieferung auf Mängel untersuchen und diese dem Verkäufer unverzüglich anzeigen. Doch ab wann gilt eine Ware als abgeliefert, wie hat die Untersuchung zu erfolgen und welche Konsequenzen hat der Käufer bei einer unterlassenen Mängelrüge zu erwarten?
Mängelrüge: Was ist das überhaupt?
Die sogenannte Mängelrüge ist eine Obliegenheit aus dem Handelsrecht. Sie bezeichnet die Anzeige eines Käufers gegenüber dem Verkäufer, dass eine gelieferte Ware oder Dienstleistung nicht den vereinbarten Anforderungen entspricht, also mangelhaft ist.
Voraussetzungen für eine Mängelrüge: der beidseitige Handelskauf
Voraussetzung für das Eingreifen der kaufmännischen Rügepflicht ist, dass es sich bei dem geschäftlichen Vorgang um einen beiderseitigen Handelskauf handelt. Beide Vertragsparteien müssen Kaufleute gem. § 1 HGB sein und das Geschäft muss zum Betrieb des Handelsgewerbes gehören. Laut eines BGH Urteils vom 14.07.1993 (Az. VIII ZR 147/92) gelten diese Voraussetzungen auch für Werklieferungsverträge gem. § 381 Abs. 2 HGB.
Mängelrüge: Pflichten des Käufers
1. Ablieferung der Ware, Unverzüglichkeit der Untersuchung
Die Rügefrist beginnt frühestens mit der Ablieferung der Ware, d.h. zu dem Zeitpunkt, an dem der Käufer tatsächlich die Möglichkeit hat, die Ware auf Mängel zu untersuchen. Die Untersuchung hat gem. § 377 HGB unverzüglich zu erfolgen. „Unverzüglich“ bedeutet laut § 121 Abs. 1 S. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Der Käufer darf also nicht abwarten, bis sich ein Mangel von selbst zeigt. Er muss vielmehr die Ware untersuchen, sobald diese in seinen Machtbereich gelangt ist.
2. Umfang der Untersuchung
Die Untersuchung der Ware hat zu erfolgen, soweit sie nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Bei einer hohen Stückzahl der gelieferten Waren sind Stichproben ausreichend, gelieferte Maschinen müssen vor der endgültigen Inbetriebnahme einen Probebetrieb absolvieren. Hinweis: Grundsätzlich ist zu prüfen, ob die richtige Ware sowie die richtige Menge geliefert wurde. Besteht bei einer ersten Sichtprüfung der Verdacht eines Mangels, hat der Käufer die Untersuchung diesbezüglich zu intensivieren.
Unverzügliche Mängelrüge: Schnelles Handeln erforderlich
Eine Mängelrüge hat unverzüglich nach der Entdeckung eines Mangels zu erfolgen. Hierbei ist zwischen offenen und versteckten Mängeln zu unterscheiden.
Offene Mängel sind Mängel, welche bereits beim Wareneingang oder der Abnahme erkennbar sind. Dazu zählen beispielsweise:
- eine deutliche Mengenabweichung bei der Lieferung
- offensichtlich beschädigte Waren
- falsche Farben
Achtung: Ein offener Mangel liegt nicht erst dann vor, wenn er offen zu Tage tritt, sondern bereits dann, wenn der Mangel im Rahmen einer sachgemäßen und sorgfältigen Untersuchung hätte festgestellt werden können.
Versteckte Mängel sind im Gegensatz zu offenen Mängeln nicht sofort erkennbar und können auch bei einer gewissenhaften Überprüfung nicht sofort festgestellt werden. Zu den versteckten Mängeln zählen unter anderem:
- nicht belastbare Schraubverbindungen
- Roststellen an angeblich rostfreien Materialien
- Schwachstellen im Material, welche von außen nicht erkennbar sind
Sowohl offene als auch versteckte Mängel müssen dem Verkäufer unverzüglich, also innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist, angezeigt werden. Dies bedeutet, dass unter Umständen sehr kurze Fristen gewährt werden. So kann es bei verderblicher Ware bereits zu spät sein, wenn sich der Käufer zwei Tage Zeit lässt. Grundsätzlich sollte eine Mängelrüge nicht später als zwei Wochen nach Lieferung bzw. Feststellung des Mangels erfolgen.
Mängelrüge erstellen: Vorsicht vor den AGB
Eine Mängelrüge bedarf grundsätzlich keiner Form. Wird in den AGB jedoch eine bestimmte Form, beispielsweise Brief, E-Mail oder Fax, vorgeschrieben, so ist diese zwingend einzuhalten.
Inhaltlich ist erforderlich, die Art des Mangels sachlich und unmissverständlich zu beschreiben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Urteil vom 19.01.2001 (Az. 22 U 99/00) festgelegt, dass eine unsachgemäße Äußerung (z.B.: „Wieder derselbe Mist geliefert“) nicht als Mängelrüge ernst zu nehmen sei. Vielmehr müsse der Käufer den Verkäufer genau darüber in Kenntnis setzen, in welchen Punkten und in welchem Umfang er die gelieferte Ware als nicht vertragsgemäß beanstandet.
Rechtsfolgen bei unterbliebener Mängelrüge
Die Pflichten zur unverzüglichen Untersuchung und Mängelanzeige stellen keine Pflichten im Rechtssinne, sondern Obliegenheiten dar, deren Einhaltung dem Käufer freisteht.
Im Falle der Nichtbeachtung hat der Käufer jedoch die Folgen zu tragen. Unterlässt er die rechtzeitige Mängelanzeige, gilt die Ware als genehmigt und damit als vertragsgemäß.
Der Käufer verliert seine Gewährleistungsansprüche und darüber hinaus die Ansprüche wegen Schlechterfüllung oder der Verletzung von Nebenpflichten. Wichtig: Der Rechtsverlust tritt nur hinsichtlich des konkreten, nicht gerügten Mangels ein. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, steht dem Käufer trotz einer versäumten Mängelrüge weiterhin das Recht auf Nacherfüllung, einen Umtausch der Ware oder einen Rücktritt vom Kaufvertrag zu. Eine zuverlässige Firmen-Rechtsschutzversicherung hilft Betroffenen im Falle eines Rechtsstreits bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.
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