20.06.2019 – zuletzt aktualisiert am: 11.07.2022

Mobbing am Arbeitsplatz – Was tun bei Psychoterror im Job?

Kommt es am Arbeitsplatz zu Auseinandersetzungen und Konflikten, welche sich gegen Einzelne richten, ist das Wort „Mobbing“ schnell zur Hand. Die Grenze zwischen einem unangenehmen Betriebsklima und strafbarem Mobbing ist jedoch kaum wahrnehmbar. Wo hört rechtmäßige Kritik auf und ab wann ist Mobbing am Arbeitsplatz strafbar?

Was ist Mobbing allgemein?

In der wissenschaftlichen Literatur wird Mobbing unterschiedlich definiert. Der Begriff hat sowohl eine verfassungsrechtliche, zivilrechtliche sowie eine strafrechtliche Relevanz. Ein juristischer Begriff des Mobbings existiert in Deutschland jedoch nicht.

Die Einordnung erfolgt anhand der Verwirklichung von Tatbestandsvoraussetzungen im jeweiligen rechtlichen Zusammenhang. Allgemein lässt sich sagen: der Begriff „Mobbing“ beschreibt das wiederholte, regelmäßige Schikanieren, Quälen und Verletzen eines Menschen durch eine beliebige Art von Gruppe bzw. Einzelperson.

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Als erstes deutsches Arbeitsgericht beschäftigte sich das Landesarbeitsgericht Thüringen mit dem Thema Mobbing. In seinem Urteil vom 10.04.2001 (Aktenzeichen: 5 Sa 403/00) definiert das LAG den Begriff Mobbing als:

„sich fortsetzende, aufeinander aufbauende Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere geschützte Güter des Betroffenen verletzen.“

Ist Mobbing am Arbeitsplatz strafbar?

Aus strafrechtlicher Sicht kann Mobbing, je nach Gegebenheiten des Einzelfalls, als Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB), Beleidigung (§§ 185 ff. StGB) oder als Nötigung (§ 240 StGB) geahndet werden. Damit ist dies ein Verhalten, das je nach Einzelfall, bei Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen, strafbar ist.

Wird man psychisch krank durch Mobbing am Arbeitsplatz, etwa weil sich Symptome eines Burnouts, Depressionen oder Angststörungen zeigen, ist eine ärztliche Diagnose hilfreich, um sich gegen den Psychoterror im Job zu wehren und einen Strafprozess anzustoßen.

Wo fängt Mobbing am Arbeitsplatz an?

Aus dieser Definition lassen sich vier Merkmale ableiten, die Antwort auf diese Frage geben:

  1. Die betroffene Person wird vom Kollegium und/oder Vorgesetzten angefeindet, diskriminiert oder schikaniert, wobei sie sich eindeutig in der Opferrolle befindet, weil sie der mobbenden Person oder Gruppe gegenüber unterlegen ist. Diese Unterlegenheit ergibt sich insbesondere, wenn die Täter in der Überzahl bzw. vorgesetzt sind.
     
  2. Die betroffene Person befindet sich in einer unterlegenen Position. Dies ist dann gegeben, wenn sie sich anonymen Anschuldigungen und/oder als Einzelperson einer Mehrzahl von Gegnern gegenübersteht.
     
  3. Die feindseligen Handlungen erfolgen systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg.
     
  4. Die Handlungen müssen feindselig bzw. keinen sachlich berechtigten Grund haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die feindseligen Handlungen die betroffene Person zur Aufgabe des Arbeitsplatzes genötigt werden soll.

AGG stärkt den Schutz vor Diskriminierungen im Erwerbsleben

Seit 2006 ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft, das einige wesentliche Verbesserungen für Arbeitnehmende, die Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz sind, beinhaltet. Insbesondere der § 3 Abs.3 AGG verbessert die rechtliche Position von Mobbingopfern erheblich. Hiernach ist bereits ein Verhalten, das aus der Sicht einer objektiven Betrachtung eine Verletzung der Würde der betroffenen Person bezweckt oder bewirkt, strafbar.

Es kommt hier nicht darauf an, ob die Verletzung der Würde tatsächlich eintritt. Zudem bleiben Betroffene gem. § 3 Abs.3 AGG auch bei einmaligen Handlungen nicht schutzlos. Es ist bei der juristischen Aufarbeitung von Mobbingfällen nicht mehr erforderlich, eine Vielzahl von regelmäßig bzw. systematisch verübten Schikanen nachzuweisen.

Was tun bei Mobbing am Arbeitsplatz?

Arbeitnehmende, die Opfer von Mobbing geworden sind, haben einen Anspruch gegenüber dem Unternehmen auf Unterlassung bzw. Verhinderung des Mobbings. Ob Mobbing am Arbeitsplatz durch Kollegen und Kolleginnen oder Psychoterror am Arbeitsplatz durch den Chef, die rechtliche Lage ist in beiden Fällen identisch. Hierzu kann Beschwerde eingelegt und gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Arbeitsleistung ausgeübt werden.

Hat das Mobbing bereits gesundheitliche Schäden verursacht, haben Arbeitnehmende gegenüber dem Unternehmen unter Umständen Anspruch auf Schadenersatz sowie Schmerzensgeld. Die Beweislast liegt jedoch grundsätzlich bei dem Opfer des Mobbings. Dieses muss vor Gericht konkret darlegen, dass:

  • einzelne Handlungen von genau benannten Personen ausgeführt wurden
  • diese Handlungen rechts- und/oder vertragswidrig waren
  • diese Handlungen zu konkreten Schäden geführt haben
  • Mobbing sowie die daraus resultierenden Beeinträchtigungen dem Unternehmen zuzurechnen sind.

 

Fürsorgepflicht von Unternehmen bei Mobbing

Arbeitgebende Unternehmen haben gemäß § 241 BGB gegenüber ihren Beschäftigten Fürsorgepflichten. Sie haben einzugreifen, wenn überwiegende Interessen der Arbeitnehmenden, wie ihre Persönlichkeitsrechte oder ihre Gesundheit, gefährdet sind. Zudem müssen Unternehmen in der Lage sein, die gefährdeten Interessen der Beschäftigten vor Eingriffen zu schützen.

Bei Mobbingfällen, die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unterfallen, haben Arbeitgeber drei Pflichten:

  1. Die Pflicht zur präventiven Verhinderung von Mobbing sowie zur Schulung von Mitarbeitenden (§ 12 Abs.1 AGG).
     
  2. Die Pflicht zum Eingreifen im Einzelfall bei betriebsinternen Mobbingvorfällen gem. § 12 Abs.3 AGG. Wird zum Beispiel ein Mitarbeiter wiederholt von anderen aus dem Team beleidigt, verunglimpft oder auf eine andere Weise schikaniert, ist das Unternehmen zum Eingreifen verpflichtet.
     
  3. Die Pflicht zum Eingreifen im Einzelfall bei Mobbing durch Betriebsfremde gem. § 12 Abs.4 AGG. Werden dem Unternehmen Fälle bekannt, bei denen Betriebsexterne, wie beispielsweise Kundschaft, Mitarbeitende beleidigen, verleumden oder sogar körperlich angreifen, hat es geeignete Maßnahmen zum Schutz des oder der betroffenen Arbeitnehmenden zu ergreifen.

Kommt das Unternehmen diesen Pflichten nicht nach, können Arbeitnehmende einen Erfüllungsanspruch geltend machen. Eine zuverlässige Berufsrechtsschutzversicherung leistet im Fall der Fälle fachkundigen Beistand sowie finanzielle Unterstützung, damit Arbeitnehmende ihr Recht durchsetzen können.

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