09.12.2019 – zuletzt aktualisiert am: 13.07.2022
Paketannahme: Alles über beschädigte Pakete, Annahme von Nachbarn und mehr
Elektronikgeräte, Geschenke oder neue Bekleidung: Immer mehr Menschen lassen sich ihre käuflichen Neuerwerbungen per Paketdienst direkt nach Hause liefern. Wer jedoch tagsüber arbeiten muss, ist bei der Zustellung üblicherweise nicht zu Hause. In diesem Fall wird das Paket vom Versanddienstleister auch gerne mal bei den Nachbarn abgegeben.
Doch ist das überhaupt zulässig? Muss der Empfänger zum Lieferzeitpunkt zu Hause sein? In welchen Fällen kann mit dem Paketdienst ein alternativer Ablageort vereinbart werden und wie sieht es mit der Haftung im Falle eines Paketverlustes aus?
Paketannahme: Die wichtigsten rechtlichen Aspekte
Die Anzahl versendeter Pakete steigt stetig an. So waren es 2020 laut der KEP-Studie von BIEK allein 4,05 Milliarden Sendungen in Deutschland. Durch die Coronakrise wurde der Trend zum Verschicken noch verstärkt. Daher stellen sich im Alltag vermehrt Fragen für Verbrauchende:
Nein. Es besteht keine Pflicht zum Zeitpunkt der Paketzustellung zu Hause zu sein.
Grundsätzlich sind Versandunternehmen verpflichtet, mindestens einen Zustellversuch beim Empfänger zu Hause zu unternehmen. Wird dieser unterlassen, sollte der jeweilige Paketdienst sowie der Onlinehandel über die Probleme informiert werden, damit die Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung gelöst werden können.
Ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers, darf die Sendung nur an diesen selbst zugestellt werden. Viele Paketdienste behalten sich jedoch das Recht zur nachbarschaftlichen Abgabe in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor.
Der Begriff „Nachbar“ ist dabei rechtlich umstritten. So urteilte das OLG Köln im Jahre 2011 (Az. 6 U 165/10), dass die in den AGB vieler Logistikunternehmen verwendeten Begriffe „Hausbewohner“ und „Nachbar“ zu unbestimmt seien. Vielmehr sei die Paketabgabe bei einer ersatzempfangenden Person nur dann zulässig, wenn den Umständen nach angenommen werden kann, dass diese zur Annahme der Sendungen berechtigt ist.
Ja. Käufer haben die Möglichkeit mit dem Versanddienstleister einen sogenannten Ablage- oder Garagenvertrag zu schließen. In diesem wird vereinbart, dass das Paket an einem vorbestimmten Ort hinterlegt werden darf.
Achtung: Ein sogenannter Garagenvertrag entbindet den Paketdienst von der Pflicht, die Sendung persönlich zu übergeben. Kommt ein Paket bereits beschädigt an, muss die empfangende Person im Zweifel beweisen, dass der Schaden nicht erst nach der Auslieferung aufgetreten ist.
Sofern vorher nichts anderes vereinbart wurde, ist ein Paketdienst verpflichtet die Ware bis zur Haustür zu liefern. Im Falle eines mehrstöckigen Mehrfamilienhauses hat die Lieferung bis zur Wohnungstür zu erfolgen. Die Höhe des Stockwerks spielt dabei keine Rolle.
Ein Paket gilt erst dann als zugestellt, wenn ein Käufer wirksam Besitz an der Sache erlangt hat – also das Paket in den Händen hält. Die Benachrichtigungskarte im Briefkasten oder die Abgabe bei Nachbarn bewirken dies nicht. Demzufolge beginnt auch die gesetzliche 14-tägige Widerrufsfrist erst, wenn die empfangende Person das Paket bei einer Packstation, einer Postfiliale oder den Nachbarn abgeholt hat.
Paket für Nachbarn annehmen: Rechte und Pflichten
Vorweg: Eine rechtliche Verpflichtung zur Annahme des Paketes von nicht anwesenden Nachbarn, existiert in Deutschland nicht. Ein fremdes Paket anzunehmen, ist ein reiner Freundschaftsdienst unter Nachbarn.
Die Paketannahme als ersatzempfangende Person ist jedoch mit Pflichten verbunden. Wurde das Paket ohne vorherige Bitte der Nachbarn entgegen genommen, hat die ersatzempfangende Person gem. § 681 BGB und § 667 BGB die Pflicht, das Paket ohne Verzögerungen herauszugeben. Wurde das Paket unter Erbringung einer Vorleistung, beispielsweise gegen die Zahlung von Nachnahmekosten, angenommen, muss die ersatzempfangende Person das Paket erst herausgeben, wenn die ursprünglich empfangende Person diese Vorleistung erstattet hat.
Paket wurde vom Nachbarn angenommen und ist verschwunden: Wer haftet?
Wird das Paket während der Lagerzeit beschädigt oder geht die Lieferung in dieser Zeit verloren, haftet in der Regel das Transportunternehmen. Nur, wenn die Lieferung mutwillig beschädigt wird oder die ersatzempfangende Person eindeutig Schuld am Verlust der Sendung trägt, zum Beispiel, weil diese unachtsam vor der Haustür des Empfängers abgelegt wird, kann diese haftbar gemacht werden.
Paket verloren gegangen oder beschädigt: Das ist zu tun
Ist das Paket von außen sichtbar beschädigt, sollte sich die Beschädigung vom Versandunternehmen quittiert werden lassen. Alternativ kann die Annahme des Paketes verweigert werden. Anschließend ist die Beschädigung innerhalb von 7 Werktagen beim Onlinehandel zu melden. Ist die gelieferte Ware ebenfalls beschädigt, ist dies ein Sachmangel gem. § 434 BGB. Infolgedessen kann die empfangende Person die Rechte auf Nacherfüllung bis hin ggfls. zur Rückabwicklung geltend machen. Was für diesen Prozess nötig ist, erklärt dieser Beitrag über das aktuelle Kaufrecht.
Wichtig: Einfach vom Kauf zurücktreten bei mangelhafter Ware ist nicht möglich. Stattdessen haben Kaufparteien spezielle Rechte und Pflichten bei beschädigter Ware, denen sie zuerst nachkommen müssen.
Kommt ein Paket hingegen gar nicht erst an, muss der Verlust ebenfalls beim Onlinehandel gemeldet sowie ein Nachforschungsauftrag gestellt werden. Stammt die Ware von einem gewerblichen Onlinehandel, ist dieser zur Erstattung des Kaufpreises verpflichtet. Bei Paketen von privaten Absendern ist der Paketdienst zu Schadenersatz verpflichtet. Eine zuverlässige Privatrechtsschutzversicherung hilft Betroffenen bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche.
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