19.10.2020
Pflegekind aufnehmen – aber wie? Das sind die Voraussetzungen
Der Bedarf nach Familien, die ein Pflegekind aufnehmen, ist groß. Laut einer Statistik des Statistischen Bundesamtes lebten im Jahr 2018 rund 81.000 Kinder oder Jugendliche in einer Pflegefamilie – Tendenz steigend. Doch welche Voraussetzungen müssen Paare erfüllen, um Pflegeeltern zu werden? Wie und wo hat die Bewerbung zu erfolgen und mit welchen finanziellen Hilfen unterstützt der Staat? Dieser Artikel fasst alle Informationen zum Thema „Pflegekinder“ zusammen.
Was ist ein Pflegekind?
Als Pflegekinder werden Kinder bezeichnet, welche – statt bei ihren leiblichen Eltern – vorübergehend oder dauerhaft bei einer anderen Person oder Familie leben. Sie stammen häufig aus schwierigen familiären Verhältnissen und haben Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung erlebt.
Kind zur Pflege aufnehmen: Was ist der Unterschied zu einem Adoptivkind?
Während Adoptiveltern auch die rechtliche Elternschaft für ihr Kind inne haben, wird Pflegeeltern für ihr Kind lediglich eine Entscheidungsbefugnis für den Alltag zugesprochen – das Sorgerecht bleibt üblicherweise beim Jugendamt oder einem Vormund. Die sogenannte Alltagssorge umfasst alltägliche Entscheidungen, wie beispielsweise die Wahl der Kleidung, Besuche bei Freunden oder die Teilnahme an Klassenfahrten. Darüber hinaus gehende Entscheidungen müssen vom Sorgerechts-Inhaber genehmigt werden. Dazu zählen z.B.:
- eine neue Frisur
- das Stechen von Ohrlöchern
- Impfungen und medizinische Eingriffe
- die Schulwahl
Pflegekind aufnehmen: Voraussetzungen und Bewerbung
Wer sich Tag und Nacht um ein fremdes Kind kümmern möchte, benötigt für diese Art der Vollzeitpflege eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt. Grundsätzlich müssen Pflegeeltern nachweisen, dass sie für die Pflege eines Kindes geeignet sind. Sie sollten:
- mindestens 25 Jahre alt sein
- gesund und drogenfrei sein
- über ein angemessenes, sicheres Einkommen verfügen
- ausreichend Zeit haben, um für das Kind zu sorgen
- ausreichend Platz zur Verfügung haben
- gewillt sein, mit dem Jugendamt, den leiblichen Eltern sowie weiteren Institutionen (z.B. Schulen und Therapeuten) zusammen zu arbeiten
Den Kontakt zu einem potentiellen Pflegekind vermittelt das örtliche Jugendamt. Es klärt die Pflegeeltern in einem ersten, unverbindlichen Gespräch über die verschiedenen Pflegemodelle auf. Anschließend können sich die Pflegeeltern offiziell um ein Pflegekind bewerben. Ist die Bewerbung erfolgreich, folgt im nächsten Schritt ein mehrtägiges Pflichtseminar, das die Pflegeeltern auf ihre neue Rolle vorbereitet.
Die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt
Das Jugendamt ist während der gesamten Pflegezeit ein wichtiger Ansprechpartner für Pflegeeltern. Je nach Lage schickt das zuständige Jugendamt geschulte Sozialarbeiter ca. 1 mal im Monat zu einem sogenannten Supervisionstermin. Bei diesem Hausbesuch werden die häusliche Situation, die Gesundheit sowie die seelische Verfassung des Pflegekindes überprüft.
Mindestens einmal im Jahr treffen sich das Jugendamt, die leiblichen Eltern sowie die Pflegeeltern, um den sogenannten Hilfeplan nach § 36 SGB VIII zu ergänzen. Darin wird festgelegt, welche Pflegeleistungen fortan notwendig sind und wie intensiv die Besuchskontakte zu den leiblichen Eltern und Geschwistern gestaltet werden sollen.
Geld für Pflegekinder: Finanzielle Unterstützung des Staates
Zur Sicherung des Unterhalts ihres Pflegekindes haben Pflegeeltern Anspruch auf ein monatliches Pflegegeld, das vom Jugendamt ausgezahlt wird. Das Pflegegeld wird für Pflegekinder unter 18 Jahren, teilweise auch für Pflegekinder bis zum 21. Geburtstag gezahlt. In Ausnahmefällen erfolgt eine Zahlung bis zum 27. Lebensjahr.
Die Höhe des Pflegegeldes hängt vom Alter des Kindes ab und fällt je nach Kommune unterschiedlich hoch aus. Es beträgt üblicherweise zwischen 745 und 913 Euro pro Monat.
Weiterhin erstattet das Jugendamt Beiträge für die private Unfallversicherung (max. 153 Euro/Jahr) sowie die Hälfte der Kosten einer privaten Altersvorsorge (max. 43 Euro/Monat).
Kann einem das Pflegekind wieder abgenommen werden?
Grundsätzlich ja. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gering. Vor allem Kinder, die in frühem Alter in eine Dauerpflege kommen, bleiben dort in der Regel auch. Lediglich bei einer unzureichenden Pflege oder einem groben Fehlverhalten der Pflegeeltern kann das Jugendamt die Pflege vorzeitig beenden.
Rund 40 Prozent der Kinder verbleiben allerdings nicht in ihrer Pflegefamilie. Sie ziehen im Teenageralter in betreute Wohngruppen oder gründen mit ihrer Volljährigkeit einen eigenen Hausstand.
Trennung der Pflegeeltern – was nun?
Trennen sich die Pflegeeltern während der Pflegezeit, müssen sie im Trennungs- bzw. Scheidungsverfahren klären, welcher Elternteil zukünftig für das Kind verantwortlich ist. Die gängige Rechtsprechung orientiert sich dabei an den Lösungen für leibliche Trennungs- und Scheidungskinder. Das bedeutet: Das Kind verbleibt üblicherweise bei dem Elternteil, zu dem es eine stärkere Bindung hat und das von seinen finanziellen und charakterlichen Voraussetzungen besser für die Pflege geeignet erscheint.
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