11.02.2021
Sterbehilfe: Was erlaubt ist – und was nicht
Die Einflussnahme auf den Sterbevorgang, die sogenannte Sterbehilfe, ist in Deutschland ein kontrovers diskutiertes Thema. Welche Formen der Sterbehilfe es gibt, welche gestattet sind und ob Ärzte in bestimmten Situationen Sterbehilfe leisten dürfen, erläutert dieser Artikel.
Sterbehilfe: Definition, Rechtslage und Formen der Sterbehilfe
Der Begriff „Sterbehilfe“ ist in Deutschland nicht eindeutig definiert. Zum einen kann darunter die „Hilfe im Sterben“ verstanden werden, bei welcher eine Person einen sterbenden Menschen in seinen letzten Stunden begleitet und unterstützt. Zum anderen steht der Begriff „Sterbehilfe“ auch für eine aktive Hilfe beim Sterben – also das Töten oder Sterbenlassen eines schwerkranken bzw. sterbenden Menschen. Die Rechtmäßigkeit der aktiven Hilfe zum Sterben ist umstritten.
Bei der aktiven Hilfe zum Sterben wird zwischen vier Formen unterschieden.
Passive Sterbehilfe
Als passive Sterbehilfe wird der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bezeichnet. Dies kann im Rahmen einer Patientenverfügung geregelt sein. Die sogenannte Grundpflege, also der Einsatz schmerzlindernder Medikamente, wird allerdings beibehalten, um dem Sterbenden den Sterbeprozess zu erleichtern.
Die passive Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt, sofern diese dem Willen des Betroffenen entspricht.
Aktive Sterbehilfe
Eine absichtliche Beschleunigung oder Herbeiführung des Todes durch einen Dritten wird als aktive Sterbehilfe bezeichnet. Im Gegensatz zur passiven Sterbehilfe erfolgt die aktive Sterbehilfe nicht durch ein Unterlassen, sondern durch eine aktive Handlung eines Dritten. Das sogenannte „Töten auf Verlangen“ ist gemäß § 216 StGB strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet.
Indirekte Sterbehilfe
Der Einsatz von zumeist starken Medikamenten zur Schmerzlinderung, der kurzfristig zwar zu einer Verbesserung des Zustands des betreffenden Patienten führt, der langfristig betrachtet jedoch eine Verkürzung des Lebens bedeuten kann, wird als indirekte Sterbehilfe bezeichnet. Der vorzeitige Tod wird in diesem Sinne zugunsten der Schmerzfreiheit in Kauf genommen.
Die indirekte Sterbehilfe ist in Deutschland nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes erlaubt.
Beihilfe zur Selbsttötung (Suizidbeihilfe)
Bei der Beihilfe zur Selbsttötung, einem sogenannten assistierten Suizid, wird der Betroffene bei den Vorbereitungen zu seiner Selbsttötung aktiv unterstützt. Dies kann zum Beispiel durch die Beschaffung von Medikamenten oder Waffen geschehen.
Paragraph 217: Sterbehilfe durch assistierten Suizid
Im Jahr 2015 beschloss der Bundestag die Einführung des § 217 StGB, welcher die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid unter Strafe stellte. In § 217 StGB hieß es:
„Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”
Dieses Verbot wurde vom Bundesverfassungsgericht am 26. Februar 2020 aufgehoben. Die Begründung: § 217 StGB sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, da es Menschen in der Ausübung ihres Grundrechtes auf ein selbstbestimmtes Sterben – abgeleitet aus Art 1 Abs 1 GG i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG – einschränke. Nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts umfasst dieses Grundrecht auch das Recht, beim Suizid die Unterstützung von Vereinen oder Ärzten in Anspruch zu nehmen.
Aktive und passive Sterbehilfe: Dürfen Ärzte Sterbehilfe leisten?
In Deutschland dürfen Ärzte passive und indirekte Sterbehilfe leisten, ohne strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. So ist es ihnen erlaubt, auf lebensrettende Maßnahmen zu verzichten (passive Sterbehilfe) oder schmerzlindernde Medikamente zu verschreiben, welche das Leben des Betroffenen verkürzen könnten (indirekte Sterbehilfe). In beiden Fällen ist eine Willensäußerung des Betroffenen oder eine gültige Patientenverfügung erforderlich. Im Zweifelsfall sind Ärzte dazu angehalten, das Leben des Betroffenen zu retten, um nicht in den Verdacht einer unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB) zu geraten.
Gänzlich verboten hingegen ist Ärzten die aktive Sterbehilfe sowie das Töten auf Verlangen.
Sterbehilfe im Ausland: Erlaubt oder nicht?
Im europäischen Ausland weichen die Regelungen zur Sterbehilfe stark voneinander ab. So ist die Sterbehilfe – egal, ob aktiv oder passiv – in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt. Voraussetzung: Der Betroffene hat eingehende Gespräche mit Ärzten und Psychologen geführt und seinen Wunsch zu sterben unbeeinflusst, freiwillig und andauernd ausgesprochen. Gleichzeitig müssen medizinische Fachkräfte bestätigen, dass der Patient dauerhaft leidet und nicht zu heilen ist.
Der assistierte Suizid hingegen ist in vielen Ländern grundsätzlich verboten und wird teilweise mit hohen Haftstrafen geahndet. In Großbritannien beispielsweise steht auf die Beihilfe zur Selbsttötung eine Freiheitsstrafe von bis zu 14 Jahren.
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