13.04.2020
Testament: Wirksamkeitsvoraussetzungen & Auslegung
Stirbt ein naher Angehöriger, kommt es in vielen Familien häufig zum Streit um den Nachlass. Nur mit einem Testament lässt sich diesen Erbschaftsauseinandersetzungen vorbeugen. Doch was ist bei der Testamentserrichtung zu beachten? Welche Wirksamkeitsvoraussetzungen gibt es und wie werden Testamente ausgelegt, die nicht präzise formuliert sind? Dieser Artikel fasst das Wichtigste zusammen.
Erbschaft: Testament vor gesetzlicher Erbfolge
Ein Testament hat gegenüber der gesetzlichen Erbfolge Vorrang. Dies ergibt sich aus § 1937 Bürgerliches Gesetzbuch (kurz: BGB). Darin heißt es:
„Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.“
Das bedeutet: Liegt ein Testament vor, ist die gesetzliche Erbfolge zunächst außer Kraft gesetzt. Für den Fall, dass ein testamentarisch eingesetzter Erbe nur einen ihm zugewiesenen Teil am Nachlass erhält, für den übrigen Teil der Erbschaft jedoch testamentarisch kein Erbe bestimmt ist, greift für diesen Teil § 2088 BGB – also die gesetzliche Erbfolge.
Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Testaments
Die Wirksamkeit eines Testaments wird in 4 Schritten geprüft:
1. Die Testierfähigkeit
Der Erblasser muss zum Zeitpunkt der Testamentserstellung testierfähig sein. Testierfähig ist, wer gem. §§ 104 ff. BGB geschäftsfähig ist. Bei volljährigen Personen wird die Testierfähigkeit regelmäßig vermutet, sofern keine Anhaltspunkte für einen Mangel der Geschäftsfähigkeit vorliegen.
Wichtig: Ein Testament kann gem. § 2229 Abs. 1 BGB erst ab Vollendung des 16. Lebensjahres wirksam verfasst werden. Der Minderjährige bedarf dabei gem. § 2229 Abs. 2 BGB keiner Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
2. Die höchstpersönliche Errichtung
Ein Testament kann gem. § 2064 BGB ausschließlich persönlich errichtet werden – eine Stellvertretung i.S.d. § 164 BGB ist ausgeschlossen. Zudem ist es dem Testamentsverfasser nach § 2065 BGB nicht möglich, einen Dritten zu benennen, welcher den Inhalt des Testaments bestimmen soll. Der Beurteilungsspielraum sowie die willentliche Letztentscheidung müssen also grundsätzlich beim Erblasser liegen.
3. Der Testierwille
Der Erblasser muss mit dem Willen handeln, eine Verfügung von Todes wegen zu verfassen und diesem einen klaren Ausdruck verleihen. Bei Formulierungen wie „Mein Testament“ oder „Mein letzter Wille“ ist der Testierwille zu bejahen.
Liegt dieser jedoch nicht unzweifelhaft vor, muss der Testierwille gem. § 133 BGB gerichtlich nach dem mutmaßlichen Willen des Erblassers ermittelt werden.
4. Die Form
Ein Testament kann in zwei unterschiedlichen Formen errichtet werden. Die ordentliche Form nach §§ 2231 Nr. 1 BGB und § 2232 BGB erfordert eine mündliche Erklärung vor einem Notar oder die Übergabe eines entsprechenden Schriftstücks zur Niederschrift eines Notars.
Privatschriftliche Testamente müssen gem. § 2247 Abs. 1 BGB eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Maschinell erstellte Schriftstücke oder Testamente ohne Unterschrift des Erblassers sind unwirksam.
Testamentswiderruf, Unwirksamkeit und Anfechtung
In Deutschland existiert eine Testierfreiheit. Das bedeutet: Testamente sind grundsätzlich jederzeit widerruflich. Widerrufen kann gem. § 2258 Abs. 1 BGB durch ein späteres Testament oder gem. § 2255 S.1 BGB durch Vernichtung oder Veränderung des Testaments.
Unwirksam sind Testamente, die gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten i.S.d. § 138 BGB verstoßen.
Eine Anfechtung ist nach §§ 2078 ff. BGB möglich. Gemäß § 2080 Abs. 1 BGB ist derjenige anfechtungsberechtigt, welcher durch die Aufhebung des Testaments einen unmittelbaren Vorteil erlangt. Als Anfechtungsgründe kommen § 119 ff. BGB (Irrtum) oder § 2078 BGB (Drohung) in Betracht. Auch eine Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten (§ 2079 BGB) ist möglich.
Auslegung von Testamenten
Bei der Auslegung eines Testamentes ist gem. § 133 BGB zunächst der wahre Wille des Erblassers zu ermitteln. Dabei wird nur der Wille des Erblassers berücksichtigt, nicht aber die Sicht eines Dritten. Bei der Ermittlung müssen grundsätzlich alle Umstände in- und außerhalb des Testaments zur Auslegung herangezogen werden.
Ist der wahre Wille des Erblassers nicht zu ermitteln, wird üblicherweise eine ergänzende Testamentsauslegung bemüht. Dabei wird geprüft, ob sich seit der Testamentserrichtung und dem Tod des Erblassers Änderungen ergeben haben, die für die Willenserklärung des Verstorbenen relevant gewesen wären, falls er zum Zeitpunkt der Errichtung von diesen Umständen Kenntnis gehabt hätte.
Erbrecht: Testament und die Abgrenzung zum Vermächtnis
Geht aus einem Testament nicht klar hervor, wer Erbe und wer Vermächtnisnehmer ist, muss diese Abgrenzung nach Testamentseröffnung vorgenommen werden. Während Erben eine starke Stellung innehaben, da sie dem Erblasser unmittelbar nachstehen, nehmen Vermächtnisnehmer eine sehr schwache Stellung ein. Sie können ihr Vermächtnis nur aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs von den Erben herausfordern. Hierbei kommt es – wie bei der Überprüfung des Testierwillens – auf den mutmaßlichen Willen des Erblassers und nicht auf den Wortlaut des Testamentes an.
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