25.06.2020
Urlaubsanspruch bei Renteneintritt: So ist er geregelt
Jahrelang galt: Der Urlaubsanspruch verfällt bei Renteneintritt. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2010 haben Arbeitnehmer jedoch auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch Renteneintritt Anspruch auf die Abgeltung ihres Resturlaubs. Doch wie viel Urlaub steht einem Arbeitnehmer nach seinem Renteneintritt überhaupt noch zu? Muss dieser genommen werden oder ist eine Auszahlung möglich? Und ab wann verfällt der Urlaub gänzlich? Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Fragen.
Urlaubsanspruch im Renteneintrittsjahr: Datum des Renteneintritts beachten!
Für die Höhe des Urlaubsanspruchs im Renteneintrittsjahr ist das konkrete Datum des Renteneintritts – also das Datum des letzten Arbeitstages – von Bedeutung.
Urlaubsanspruch bei Renteneintritt in der ersten Jahreshälfte
Fällt der letzte Arbeitstag auf den 30. Juni oder ein früheres Datum, haben Arbeitnehmer einen anteiligen Urlaubsanspruch. Dieser beträgt ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses im betreffenden Jahr (§ 5 Abs. 1c BUrlG). Scheidet der Arbeitnehmer also beispielsweise zum 30.05. eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er bei einem vertraglich vereinbarten Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen Anspruch auf 12,5 Urlaubstage. Da Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Arbeitstag ergeben, gem. § 5 Abs. 2 BUrlG grundsätzlich zugunsten des Arbeitnehmers aufgerundet werden, beträgt der gesamte Urlaubsanspruch in diesem Fall 13 Tage.
Urlaubsanspruch bei Renteneintritt in der zweiten Jahreshälfte
Liegt der letzte Arbeitstag in der zweiten Jahreshälfte – also am 1. Juli oder später – hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub, sofern das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 01.01. des Jahres bestand und keine anderweitige Stückelung arbeitsvertraglich oder tariflich geregelt ist.
Achtung: Beide Regelungen gelten gem. § 4 BUrlG nur, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Bei kürzeren Arbeitsverhältnissen steht Arbeitnehmern nur ein anteiliger Urlaubsanspruch zu.
Urlaubsanspruch bei Krankheit und Renteneintritt: Urlaub kann verfallen
Krankgeschriebene Arbeitnehmer erlangen grundsätzlich Urlaubsansprüche. Im Falle einer lange andauernden Krankheit können sie die ihnen zustehenden Urlaubstage jedoch häufig nicht nehmen. Ein unbegrenztes Ansammeln der Urlaubstage ist nicht möglich. Urlaubsansprüche verfallen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 AZR 353/10) spätestens nach 15 Monaten – immer zum 31. März des Jahres. Diese Regelung gilt sowohl für das normale Berufsleben als auch für Fälle von vorübergehender Erwerbsminderungsrente sowie den altersbedingten Renteneintritt.
Endet das Arbeitsverhältnis aufgrund des Renteneintritts, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Abgeltung des Urlaubsanspruchs i.S.d. § 7 Abs. 4 BUrlG. Darin heißt es:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“
Die nicht genommenen Urlaubstage sind vom Arbeitgeber auszubezahlen. Dazu werden die Urlaubstage zunächst in Geld umgerechnet. Da das Kalendervierteljahr 13 Wochen hat, wird das Monatsgehalt mit 3 multipliziert (sog. Quartalsgehalt) und durch 13 geteilt. Die Summe ergibt den monetären Wert einer Arbeitswoche. Anschließend wird das Ergebnis durch die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage geteilt, um den Wert eines Arbeitstages und damit die Anspruchshöhe auf Urlaubsabgeltung zu ermitteln.
Aber Achtung: Auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfällt nach 15 Monaten. Oftmals sind auch kurze vertragliche und tarifliche Verfallsfristen nach Beendigung zu beachten, damit Ansprüche auch durchgesetzt werden können. Wer länger krank ist, muss seinen Arbeitgeber also vor dem Renteneintritt um Auszahlung bitten. Verweigert der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung, können Arbeitnehmer ihren Anspruch gerichtlich geltend machen. Eine zuverlässige Berufs-Rechtsschutzversicherung hilft Betroffenen bei der Suche nach einem kompetenten Anwalt.
Arbeitsrecht: Urlaubsanspruch hängt vom Timing ab
Um den etwaigen Verfall ihres Urlaubsanspruches zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer ihren Renteneintritt sorgfältig planen. Es ist empfehlenswert, verbleibende Urlaubstage bereits vor dem Jobende zu nehmen, so dass der Ruhestand gefühlt einige Tage oder Wochen vor dem gesetzlichen Renteneintritt beginnt.
Unser Tipp: Die jährliche Urlaubsplanung ist ein guter Zeitpunkt, um den verbleibenden Urlaubsanspruch sowie den geplanten Renteneintritt gemeinsam mit dem Arbeitgeber zu besprechen.
Urlaubsanspruch vor Renteneintritt: Individuelle Vereinbarung möglich
Gemäß der bundesweit geltenden Vertragsfreiheit ist es Arbeitgebern und -nehmern möglich, im Arbeitsvertrag individuelle Vereinbarungen zum Urlaubsanspruch bei Renteneintritt zu treffen. Übliche Klauseln sind eine sofortige Verrentung bei Erwerbsminderung oder eine Stückelung des Urlaubs bei einem Ende des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte. Letzteres ist jedoch nur für Urlaubstage zulässig, welche über den gesetzlichen Mindesturlaub (§ 3 Abs. 1 BurlG) hinausgehen.
Zudem enthalten viele Tarifverträge spezielle Regelungen zu Urlaubsanspruch und Rente. So sehen die Tarifverträge im öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD) sowie die Tarifverträge der Länder (TV-L) eine standardmäßige Stückelung des Urlaubs auch in der zweiten Jahreshälfte vor.
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