17.04.2024
Urlaubsanspruch für Langzeitkranke: Alles Wichtige im Überblick
Ein Unfall oder eine Krankheit – schon ist man monatelang raus aus dem Job. Gehen dadurch Urlaubstage verloren? Verfällt der Urlaub gar, oder kann er ausgezahlt werden? Dieser Artikel erklärt, wie der Urlaubsanspruch bei langer Krankheit geregelt ist.
Urlaubsanspruch trotz Krankheit: Das sagt das Bundesarbeitsgericht
Die Entstehung eines Urlaubsanspruches hängt nicht davon ab, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im jeweiligen Kalenderjahr tatsächlich gearbeitet haben. So steht es in einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2020 (Az.: 9 AZR 266/20). Das bedeutet: Sogar Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die über ein gesamtes Kalenderjahr hinweg ununterbrochen krankgeschrieben waren, haben Anspruch auf ihren Jahresurlaub.
Verfällt der Urlaubsanspruch bei Langzeitkranken?
Zwar besteht ein Urlaubsanspruch während einer Krankheit, die Frage ist jedoch, wann dieser verfällt. Gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) kann nicht genommener Urlaub nur auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen werden. Anschließend verfällt er. Bei einer langfristigen Erkrankung gilt diese Regel hingegen nicht. Ein entsprechendes Urteil traf das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2009 (Az.: C-350/06). Dennoch ist eine Übertragung nur begrenzt möglich – und hängt vom Zeitpunkt der Erkrankung ab.
Grundsätzlich gilt: Urlaubsansprüche, die während einer langen Krankheit entstehen, erlöschen 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
Beispiel: Frau A erkrankt vom 1.1.2021 bis zum 31.12.2021. Ihr Jahresurlaub 2021 verfällt also am 31.3.2023.
Ein Urlaubsanspruch nach langer Krankheit entfällt jedoch nicht automatisch nach 15 Monaten. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben eine Hinweispflicht. Sie müssen Beschäftigte:
- zu Beginn des Jahres in Textform,
- individualisiert,
- über die ihnen zustehenden Urlaubstage informieren und
- sie auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu beantragen.
Darüber hinaus müssen Beschäftigte darauf hingewiesen werden, dass der Urlaub andernfalls verfällt. Kommen Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, dürfen Urlaubstage nicht entfallen (vgl. Urteil EuGH, Az.: C-120/21) – auch nicht nach 15 Monaten.
Mehr zum Thema: Wann verfällt Resturlaub?
Urlaubsanspruch nach Krankheit und anschließende Rente – was gilt?
Wer beim Renteneintritt noch offene Urlaubstage hat, hat gem. § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung. Demnach müssen nicht genommene Urlaubstage vom Unternehmen ausbezahlt werden. Aber Achtung: Auch ein solcher Abgeltungsanspruch erlischt nach 15 Monaten. Beschäftigte, die ihren Urlaub wegen Krankheit nicht genommen haben, sollten sich diesen also zwischendurch ausbezahlen lassen – und nicht erst bis zum Renteneintritt warten.
Was gilt für den Urlaubsanspruch nach langer Krankheit bei Wiedereingliederung?
Während einer Wiedereingliederung gelten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als arbeitsunfähig. Sie können ihren Urlaub zwar nicht nehmen, sammeln in dieser Zeit aber weiter Urlaubsansprüche an.
Eine Beanspruchung des Urlaubs ist erst nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung möglich. Hierbei ist zu beachten, dass der während einer Krankheit gesammelte Urlaubsanspruch keinen besonderen Schutz mehr genießt. Er verfällt also bereits am 31.12. des Wiedereintrittsjahres bzw. am 31.3. des Folgejahres, sofern eine Übertragung gerechtfertigt ist. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine Arbeitskraft ihren Urlaub aufgrund einer erneuten Erkrankung gar nicht nehmen kann.
Weiterführende Informationen: Der Urlaubsanspruch bei Renteneintritt
Kann man sich seinen Urlaubsanspruch bei langer Krankheit auszahlen lassen?
Eine Auszahlung von Urlaubsansprüchen ist nur in bestimmten Fällen möglich. Folgende Voraussetzungen gelten:
- Das Arbeitsverhältnis endet in Kürze.
- Es besteht ein Anspruch auf Resturlaub.
- Der Resturlaub kann in der Kürze der Zeit nicht mehr genommen werden.
Wer also seinen Urlaub wegen einer Krankheit nicht genommen hat und anschließend direkt aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hat Anspruch auf Auszahlung der ausstehenden Urlaubstage. Wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, besteht dieser Anspruch hingegen nicht.
Interessant: Krank im Urlaub – So verhalten sich Arbeitnehmende richtig
Steht einem während Krankengeld auch Urlaubsgeld zu?
Grundsätzlich steht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Urlaubsgeld auch dann zu, wenn sie für einen längeren Zeitraum erkranken. Ausnahme: Im Arbeitsvertrag ist explizit geregelt, dass ein Bezug des Urlaubsgeldes direkt an einen Urlaubsantritt gebunden ist.
Nein, eine Urlaubsabgeltung gilt als (sozialversicherungspflichtiges) Einkommen und ist entsprechend zu versteuern. Fällig werden Lohnsteuer, Kirchensteuer sowie Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Eine Urlaubsabgeltung führt weder zu einer vorübergehenden Unterbrechung des Krankengeldbezugs noch zu einer Verrechnung. Ein entsprechendes Urteil hat das Bundessozialgericht im Jahr 2005 gefällt (B 1 KR 26/05).
Exkurs zum Weiterlesen: Was passiert, wenn Arbeitnehmende verspätet aus dem Urlaub zurückkehren?
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