29.08.2024

Vorerbe & Nacherbe einfach erklärt

Was passiert mit meinem Geld, wenn ich sterbe? Die sogenannte Vorerbschaft bietet die Möglichkeit, die Verteilung des eigenen Nachlasses möglichst lange zu steuern. Dieser Artikel erklärt, was genau sich hinter dem Begriff verbirgt, wann eine Vorerbschaft sinnvoll ist und welche Rechte und Pflichten Erbberechtigte haben.

Was ist eine Vorerbschaft?

Durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft in einem Testament können die Reihenfolge der Erbberechtigten sowie die Nutzungsdauer des Nachlasses im Vorfeld bestimmt werden. Dabei setzt die vererbende Person eine bestimmte Person als „Erbe auf Zeit“ ein. Vorerben erben den Nachlass für einen bestimmten Zeitraum, ehe dieser an die Nacherben übergeht. Wann Vorerben den Nachlass an Nacherben übergeben müssen, kann die vererbende Person testamentarisch festlegen.

Ein Beispiel: Frau Müller setzt ihren Ehemann als Vorerben und ihre 16-jährige Tochter unter der Voraussetzung ihrer Volljährigkeit als Nacherbin ein. Verstirbt Frau Müller, darf ihr Ehemann bis zum 18. Geburtstag der Tochter über den Nachlass verfügen. Erst wenn die Tochter ihren 18-jährigen Geburtstag feiert (oder Herr Müller zwischenzeitlich verstirbt), geht der Nachlass an die Nacherbin (Tochter) über.

Wann macht eine Vorerbschaft Sinn?

In einigen Fällen kann es nachteilig sein, wenn alle Erbberechtigten gleichzeitig erben. Beispielsweise dann, wenn die erblassende Person sowohl einen Ehepartner als auch Kinder hinterlässt. Denn bei einem gleichzeitigen Erbe entstünde eine Erbengemeinschaft. Hier können sich Schwierigkeiten anbahnen, sofern sich die Erbengemeinschaft über die Aufteilung bzw. Verwendung des Nachlasses uneinig ist. Durch eine Vorerbschaft sind Erbreihenfolge sowie die mögliche Verwendung des Nachlasses zumindest zeitweise geklärt.

Rechtsanwalt Roland Kirsten erklärt außerdem: "Eine Vorerbschaft kann sinnvoll sein, wenn die potenziell erblassende Person ihre Erbschaft nicht sofort an einen Nacherben übergeben möchte, etwa weil diese zu jung sind oder weil deren verantwortungsvoller Umgang mit dem Nachlass angezweifelt wird“.

Darüber hinaus ist eine Vorerbschaft in folgenden Fällen sinnhaltig:

  • Wenn eine Person vom Erbe ausgeschlossen werden soll
  • Wenn ungeborene Kinder erben sollen
  • Wenn der Nachlass für eine bestimmte Zeit geschützt werden soll, zum Beispiel vor dem Zugriff durch Geld-/Kreditgebende

Auch kann eine Vorerbschaft sinnvoll sein, wenn die potenziell erblassende Person ihre Erbschaft nicht sofort an die Nacherben übergeben möchte. Beispielsweise, weil diese zu jung sind oder weil deren verantwortungsvoller Umgang mit dem Nachlass angezweifelt wird.

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Rechte und Pflichten von Vor- und Nacherben

Bei einer Vorerbschaft wird zwischen einer „unbefreiten Vorerbschaft“ und einer „befreiten Vorerbschaft“ unterschieden. Beide Formen statten Vor- und Nacherben mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten aus.

Unbefreite Vorerbschaft

Damit der Nachlass auch tatsächlich bei den Nacherben ankommt, begrenzt die unbefreite Vorerbschaft Vorerben im Rahmen einer sogenannten Verfügungsbeschränkung in ihren Rechten. Zwar dürfen Vorerben über bewegliche Sachen, Rechte und Forderungen verfügen, sie dürfen ohne Zustimmung der Nacherben jedoch:

  • keine Wertgegenstände oder Grundstücke veräußern oder mit Krediten belasten
  • keine Nachlassgegenstände verschenken
  • den Nachlass nicht für sich verbrauchen

 

Nacherben haben gegenüber Vorerben spezielle Rechte. Sie können beispielsweise verlangen, dass:

  • Wertpapiere zur Sicherung der Erbschaft hinterlegt werden
  • der Nachlass ordnungsgemäß verwaltet wird
  • Auskünfte über den Nachlass erteilt werden

 

Gut zu wissen: Wird der Nachlass unrechtmäßig geschädigt/geschmälert, steht Nacherben Schadenersatz zu. Die Allrecht Privatrechtsschutz hilft Betroffenen im Fall der Fälle bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Befreite Vorerbschaft

Bei einer befreiten Vorerbschaft haben Vorerben weitestgehend freie Entscheidungsgewalt über den Nachlass. Sie dürfen diesen zu ihren Gunsten verbrauchen. Folglich kann es sein, dass Nacherben einen geschmälerten Nachlass erhalten. Im Gegenzug sind befreite Vorerben verpflichtet, für die Nachlassverbindlichkeiten und Beerdigungskosten der erblassenden Person aufzukommen.

Allerdings unterliegen auch Vorerben bestimmten Einschränkungen. Sie dürfen aus dem Nachlass nichts verschenken, haben die gewöhnlichen Erhaltungskosten des Nachlasses zu tragen und müssen Nacherben auf Verlangen ein Nachlassverzeichnis erteilen.

Vorerbe und Pflichtteil: Das gilt

Sowohl Vor- als auch Nacherben können anstelle des Vor- bzw. Nacherbes ihren Pflichtteil einfordern. Hierfür gelten folgende Bedingungen:

  • es müssen sämtliche Voraussetzungen für einen Pflichtteilanspruch erfüllt sein
  • das Vor- oder Nacherbe muss ausgeschlagen werden

 

Die Ausschlagung des Vor- bzw. Nacherbes muss innerhalb einer Frist von 6 Wochen beim zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Die Frist beginnt für Vorerben mit der Bekanntgabe der Letztwilligen Verfügung durch das Nachlassgericht, für Nacherben erst mit Antritt der Nacherbschaft.

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Vorerbschaft und Erbschaftssteuer: Das ist zu beachten

Im Rahmen einer Vorerbschaft kommt der Erbschaftssteuer eine besondere Bedeutung zu. Denn: Nacherben werden gem. § 6 ErbStG bei der Erbschaftssteuer als Erben des Vorerben angesehen. Das führt dazu, dass der Nachlass grundsätzlich zweimal zu versteuern ist. Einmal beim Übergang von der erblassenden Person auf den Vorerben und einmal beim Übergang vom Vorerben auf den Nacherben.

Beliebte Alternative zum Vorerbe: Das Berliner Testament

Das Ehegattentestament – auch als Berliner Testament bezeichnet – ist eine weit verbreitete Alternative zur Vorerbschaft. Beim Berliner Testament setzen sich Ehe- oder Lebenspartner gegenseitig als unbeschränkte Vollerben ein, weitere Erbberechtigte (z.B. gemeinsame Kinder) werden zu Schlusserben.

Vorteil: Die länger lebende Person erhält die uneingeschränkte Verfügungsfreiheit über den Nachlass. Sie darf diesen verbrauchen, verschenken oder verkaufen. Der Nachlass sichert die länger lebende Person also vollumfänglich ab und wird nicht – wie bei einer Vorerbschaft – mit einer Verfügungsbeschränkung „zwischengeparkt“. Erst, wenn auch der zweite Ehe- oder Lebenspartner stirbt, geht der Nachlass auf die Schlusserben über.

Umfassende Informationen zum Thema: Das Berliner Testament im Detail erklärt

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