29.02.2024
Zeugnisverweigerungsrecht: Definition & Regelungen
In der Strafverfolgung existiert das Zeugnisverweigerungsrecht: Unter bestimmten Voraussetzungen müssen beschuldigte oder bezeugende Personen vor Gericht keine Angaben machen. Wer ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, wie man von diesem Gebrauch macht und ob dadurch Nachteile entstehen können, klärt dieser Artikel.
Was ist das Zeugnisverweigerungsrecht?
Das sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht ist in der Strafprozessordnung (kurz: StPO) geregelt und berechtigt vorgeladene, bezeugende Personen, ihre Aussage unter bestimmten Bedingungen zu verweigern.
Das Zeugnisverweigerungsrecht ähnelt auf den ersten Blick dem sogenannten Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 StPO). Letzteres soll Zeugen davor bewahren, sich mit Antworten auf bestimmte Fragen selbst oder einen nahen Angehörigen (ISd § 52 Abs. 1 StPO) der Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfolgung auszusetzen.
Der Unterschied: Das Zeugnisverweigerungsrecht berechtigt Zeugen zu einer Verweigerung der kompletten Aussage, während im Rahmen des Auskunftsverweigerungsrechtes nur die Fragen unbeantwortet bleiben dürfen, deren Beantwortung zu einer Selbstbelastung führen würden.
In diesem Zusammenhang wissenswert: Welche Rechte haben Betroffene bei einer Hausdurchsuchung?
Wer hat ein Zeugnisverweigerungsrecht?
Man kann sich in zwei Fällen auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Zeugnisverweigerungsrecht und Verwandte
Gemäß § 52 Abs. 1 StPO steht nahen Angehörigen der angeklagten Person ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Bezeugende in einen Gewissenskonflikt geraten – beispielsweise, weil sie mit ihrer Aussage ihre Eltern belasten würden.
Zu den nahen Angehörigen zählen:
- Ehepartner und Ex-Ehepartner
- verlobte Personen
- Lebenspartner
- Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel und Urenkel
Darüber hinaus haben auch Verwandte der Seitenlinie bis zum dritten Grad ein Zeugnisverweigerungsrecht, dazu zählen z.B. Geschwister, Tanten und Onkel sowie Nichten und Neffen.
Einen Sonderfall stellen sogenannte Patchwork-Familien dar. Wer unverheiratet zusammenlebt, muss ggf. zwar nicht gegen seine Kinder, wohl aber gegen die Partnerin oder den Partner aussagen.
Zeugnisverweigerung aus beruflichen Gründen
Auch Personen bestimmter Berufsgruppen haben gem. § 53 Abs. 1 StPO das Recht auf Zeugnisverweigerung. Diese Personengruppen werden als „Berufsgeheimnisträger“ bezeichnet und sollen vor einer persönlichen Straf- und/oder Haftbarkeit geschützt werden. Zum Beispiel, weil sie aufgrund ihres Berufes einer Schweigepflicht unterliegen, die sie im Falle einer Aussage brechen müssten.
Zu diesen Berufsgruppen zählen unter anderem:
- Notarinnen und Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Psychotherapeuten
- in der Psychotherapie tätige Personen
- Hebammen
- Teamkräfte einer staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatung
- Mitarbeiter von Suchtberatungsstellen
- Geistliche
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Berufsgeheimnisträger dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden wurden.
Zeugenaussage verweigern aus Angst: Ist das zulässig?
Die Voraussetzungen des Zeugnisverweigerungsrechtes sind in der Strafprozessordnung klar definiert. Eine Bedrohung oder Angst vor Konsequenzen sind nach dem Gesetz keine zulässigen Gründe, die Aussage zu verweigern.
Wer aus derartigen Gründen mit der Aussage zögert, sollte dies unbedingt den Behörden oder einem Rechtsbeistand mitteilen. Bestehen tatsächlich Anhaltspunkte für eine Bedrohung, können Bezeugende den Zeugenschutz in Anspruch nehmen und anschließend aussagen.
Wie kann man eine Zeugenaussage verweigern?
Sofern sich Personen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen möchten, sollten sie dies den Behörden oder anderen Stellen unmissverständlich kommunizieren. Wer als bezeugende Person in einem Prozess geladen ist, teilt der Richterschaft beispielsweise mit:
„Ich mache von meinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, da ich mit der angeklagten Person verwandt bin.“
Ähnliche Formulierungen können auch im Schriftverkehr verwendet werden. Bei schriftlich zugestellten Anhörungsbögen gibt es häufig bereits ein entsprechendes Textfeld, das nur noch angekreuzt und unterschrieben werden muss.
Lese-Tipp: Diese Übersicht liefert interessante Informationen über Urteile im Zeugnisverweigerungsrecht.
Führt das Zeugnisverweigerungsrecht zu Nachteilen?
Wer sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft, der hat zunächst keine Nachteile zu befürchten. Dies gilt jedoch nur, sofern die Aussage begründet verweigert wurde. Wird die Aussage ohne gesetzlich anerkannten Grund verweigert, können Gerichte ein Ordnungsgeld – in schweren Fällen sogar Ordnungshaft – verhängen.
Beschuldigte sollten abwägen, ob sie ihr Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen möchten. Denn dann hätte das Gericht nur die Beweise und Aussagen der Anklage zur Verfügung und könnte eventuelle, schuldmildernde Umstände bei der Urteilssprechung nicht berücksichtigen.
Gibt es beim Bußgeld ein Zeugnisverweigerungsrecht?
Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht auch in Fällen, in denen Personen eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr begangen und einen Bußgeldbescheid erhalten haben.
Ein Beispiel: Ein Vater – als fahrzeughaltende Person – erhält einen Bußgeldbescheid für einen Rotlichtverstoß, den sein Sohn mit seinem Auto begangen hat. Der Vater müsste in diesem Fall nicht als bezeugende Person aussagen, da ihm gem. § 52 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Anders sähe der Fall aus, wenn nicht der Sohn, sondern ein Freund des Vaters gefahren wäre. Dann müsste der Vater auf den Bußgeldbescheid antworten und den tatsächlichen Fahrer des Fahrzeugs benennen.
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